Dr. Joachim Jahnke - Die letzten Blog-Einträge
(1288) Es wird immer wärmer auch in Deutschland
(1287) Immer wieder israelisches Morden: Israelische Armee tötet Rettungskräfte im Gazastreifen
(1286) Die Berliner Mauer und ich
(1285) Zahl der Arbeitslosen sinkt im März nur leicht
(1283) Immer mehr alte Menschen sind von Armut betroffen
(1282) EU hat im vergangenen Jahr mehr Gas aus Russland importiert
(1281) Damit der Osten umso heller leuchten kann
(1280) Wie sich die deutsche Politik unter Merkel in Putin getäuscht hat
(1279) 50 Prozent mehr Fehltage wegen Depressionen
(1278) Die konjunkturelle Schwäche bleibt auch im Februar am Arbeitsmarkt sichtbar
(1277) In Finnland leben die glücklichsten Menschen der Erde - Deutschland nur auf Platz 22
(1276) Jetzt betreibt Israel wieder seinen eigenen Holocaust in Gaza
(1274) Zum ersten Mal seit 2002 schickt Israel Panzer und Bulldozer ins Westjordanland
(1273) Die Welt zwischen einem mörderischen Putin und einem verrückten, grönlandhungrigen Trump
(1272) Und jetzt Putin in Uniform
Blog 1288 01-04-25: Es wird immer wärmer auch in Deutschland
Zweieinhalb Grad. So viel wärmer ist Deutschland seit Beginn der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schon geworden. Diese Erwärmung, ja, Erhitzung ist das zentrale Maß für den Klimawandel in Deutschland. Sie ist die Basis für alles, was wir gegenwärtig als Folgen der Klimakrise erleben: zum Beispiel mildere Winter, sommerliche Hitzewellen und eine erhebliche Zunahme der sogenannten Tropennächte, in denen es nicht kühler wird als 20 Grad Celsius. Nicht alle Klimafolgen - wie Dürreperioden, Sturzfluten und Blockade-Wetterlagen - lassen sich in Grad Celsius ausdrücken. Aber sie alle sind Folgen des langfristigen Trends höherer Durchschnittstemperaturen.
Für den stand bislang eine andere Zahl, nämlich 1,9 Grad Erwärmung seit dem Jahr 1881. Auch die liegt schon über dem globalen Temperaturanstieg. Das Gebiet der Bundesrepublik erwärmt sich also schneller als andere Länder. Und dennoch sind diese 1,9 Grad - wenngleich mathematisch nicht falsch - eine statistische Untertreibung. Sie können die zunehmende Eskalation schlicht nicht mehr abbilden.
Deswegen verwendet der Deutsche Wetterdienst (DWD) ab sofort eine andere Berechnungsmethode. Bei dessen jährlicher Klimapressekonferenz in Berlin wurde sie am Dienstag dieser Woche vorgestellt. Und mit ihr die neue Zahl zur Erhitzung: 2,5 Grad (Abb. 30198).
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Blog 1287 31-03-25: Immer wieder israelisches Morden: Israelische Armee tötet Rettungskräfte im Gazastreifen
Acht Sanitäter der Hilfsorganisation Roter Halbmond, sechs Mitarbeiter des palästinensischen Zivilschutzes und ein UN-Mitarbeiter wurden bei israelischen Angriffen getötet. Angehörige erheben schwere Vorwürfe.
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Blog 1286 30-03-25: Die Berliner Mauer und ich
Die Berliner Mauer war während der Teilung Deutschlands ein Grenzbefestigungssystem der DDR, das vom 13. August 1961 bis zum 9. November 1989 bestand, um West-Berlin vom Gebiet der DDR hermetisch abzuriegeln. Die Berliner Mauer als letzte Aktion der Teilung der durch die Nachkriegsordnung der Alliierten entstandenen Viersektorenstadt Berlin war Bestandteil und zugleich markantes Symbol des Konflikts im Kalten Krieg zwischen den von den Vereinigten Staaten dominierten Westmächten und dem sogenannten Ostblock unter Führung der Sowjetunion. Sie wurde aufgrund eines Beschlusses der politischen Führung der Sowjetunion Anfang August 1961 und einer wenige Tage später ergehenden Weisung der DDR-Regierung errichtet. Die Berliner Mauer ergänzte die 1378 Kilometer lange innerdeutsche Grenze zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland, die bereits mehr als neun Jahre vorher "befestigt" worden war, um den Flüchtlingsstrom zu stoppen. Für die DDR-Grenzsoldaten galt seit 1960 in Fällen des "ungesetzlichen Grenzübertritts" der Schießbefehl, der erst 1982 formell in ein Gesetz gefasst wurde. Bei den Versuchen, die 167,8 Kilometer langen und schwer bewachten Grenzanlagen in Richtung West-Berlin zu überwinden, wurden zwischen 136 und 245 Menschen getötet. Die genaue Zahl der Todesopfer an der Berliner Mauer ist nicht bekannt.
Die Berliner Mauer wurde am Abend des 9. November 1989 im Zuge der politischen Wende geöffnet. Dies geschah unter dem wachsenden Druck der mehr Freiheit fordernden DDR-Bevölkerung. Der Mauerfall ebnete den Weg, der innerhalb eines Jahres zum Zusammenbruch der SED-Diktatur, zur Auflösung der DDR und gleichzeitig zur staatlichen Einheit Deutschlands führte.
Ich lebte damals in Berlin und stand oft vor der Mauer. Nach dem Mauerfall konnte man sich zur Erinnerung Stücke aus der Mauer schlagen. Ich habe das auch getan.
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Blog 1285 30-03-25: Zahl der Arbeitslosen sinkt im März nur leicht
Das Frühjahr ist am Arbeitsmarkt kaum zu spüren: Die Erwerbslosenquote bleibt bei 6,4 Prozent (Abb. 28874), die Zahl der Arbeitslosen liegt zudem über der des Vorjahreszeitpunkts. Demnach waren 2,967 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter ohne Arbeit und somit 22.000 weniger als im Februar. Das ist der schwächste Rückgang der Erwerbslosigkeit in einem März seit 2009. Im Vergleich zum März 2024 stieg die Zahl der Arbeitslosen um 198.000 Menschen.
Auch die Wirtschafrsleistung stagniert (Abb. 20789).
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Blog 1284 28-03-25: GfK Konsumklima März 2025: Trotz verbesserter Erwartungen: Konsumklima stabilisiert sich auf niedrigem Niveau
GfK Konsumklima powered by NIM Nürnberg, 28. März 2025 – In der ersten Erhebung nach den Neuwahlen zum Deutschen Bundestag erholt sich die Verbraucherstimmung etwas: Sowohl die Konjunktur- und Einkommenserwartungen als auch die Anschaffungsneigung verbessern sich. Da jedoch auch die Sparneigung in diesem Monat zunimmt, bleibt das Konsumklima nahezu unverändert. Die Verbraucher erwarten für April 2025 im Vergleich zum Vormonat (revidiert -24,6 Zähler) einen minimalen Anstieg von 0,1 Zähler auf -24,5 Punkte. Dies zeigen die aktuellen Ergebnisse des GfK Konsumklimas powered by NIM. Es wird seit Oktober 2023 gemeinsam von GfK und dem Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM), Gründer der GfK, herausgegeben. Obwohl sich Konjunktur-, Einkommenserwartungen und Anschaffungsneigung verbessern, verhindert eine steigende Sparneigung in diesem Monat eine deutlichere Erholung des Konsumklimas. Der Sparindikator legt im März um 4,4 Zähler zu und klettert damit auf 13,8 Punkte. Dies ist der höchste Wert seit April 2024, als 14,9 Punkte gemessen wurden.
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Blog 1283 28-03-25: Immer mehr alte Menschen sind von Armut betroffen
Laut dem Statistischen Bundesamt sind ältere Menschen immer weniger dazu in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu bezahlen. In Deutschland sind ältere Menschen stark von Altersarmut betroffen. Dem Statistischen Bundesamt zufolge bezogen im Dezember 2024 1,26 Millionen Personen Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Das waren rund 49.000 oder 4,1 Prozent mehr als im Dezember 2023. Der Anstieg ist ausschließlich auf die Gruppe der Empfänger von Grundsicherung im Alter zurückzuführen, das waren im Dezember 58,6 Prozent. Alle anderen bezogen die Leistungen, weil sie aufgrund einer Krankheit oder Behinderung für einen nicht absehbaren Zeitraum täglich keine drei Stunden unter den üblichen Bedingungen erwerbstätig sein können. Also eine Erwerbsminderung vorlag.
Anspruch auf eine Grundsicherung im Alter haben Menschen, die eine Altersgrenze erreicht haben und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen sicherstellen können. Die Grenze liegt je nach Geburtsjahr zwischen 65 und 67 Jahren. Sie entspricht dem Renteneintrittsalter.
Unterhalb dieser Altersschwelle wird Grundsicherung bei Erwerbsminderung ausgezahlt. Die Zahl der Sozialleistungsempfänger im erwerbsfähigen Alter lag nach Angaben des Statistischen Bundesamts zum Ende des vergangenen Jahres bei rund 522.000 und blieb damit im Vergleich zu Ende 2023 konstant.
Auch verantwortlich für die Zunahme der Zahl der Grundsicherungsbezieher war den Angaben zufolge eine "überdurchschnittliche Anhebung der Regelsätze" zum 1. Januar 2024. Dies führte zu einem größeren Kreis von Leistungsberechtigten. Zum Beispiel steht Alleinerziehenden seitdem ein um 61 Euro erhöhter Regelsatz zu.
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Blog 1283 28-03-25: Immer mehr alte Menschen sind von Armut betroffen
Laut dem Statistischen Bundesamt sind ältere Menschen immer weniger dazu in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu bezahlen. In Deutschland sind ältere Menschen stark von Altersarmut betroffen. Dem Statistischen Bundesamt zufolge bezogen im Dezember 2024 1,26 Millionen Personen Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Das waren rund 49.000 oder 4,1 Prozent mehr als im Dezember 2023. Der Anstieg ist ausschließlich auf die Gruppe der Empfänger von Grundsicherung im Alter zurückzuführen, das waren im Dezember 58,6 Prozent. Alle anderen bezogen die Leistungen, weil sie aufgrund einer Krankheit oder Behinderung für einen nicht absehbaren Zeitraum täglich keine drei Stunden unter den üblichen Bedingungen erwerbstätig sein können. Also eine Erwerbsminderung vorlag.
Anspruch auf eine Grundsicherung im Alter haben Menschen, die eine Altersgrenze erreicht haben und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen sicherstellen können. Die Grenze liegt je nach Geburtsjahr zwischen 65 und 67 Jahren. Sie entspricht dem Renteneintrittsalter.
Unterhalb dieser Altersschwelle wird Grundsicherung bei Erwerbsminderung ausgezahlt. Die Zahl der Sozialleistungsempfänger im erwerbsfähigen Alter lag nach Angaben des Statistischen Bundesamts zum Ende des vergangenen Jahres bei rund 522.000 und blieb damit im Vergleich zu Ende 2023 konstant.
Auch verantwortlich für die Zunahme der Zahl der Grundsicherungsbezieher war den Angaben zufolge eine "überdurchschnittliche Anhebung der Regelsätze" zum 1. Januar 2024. Dies führte zu einem größeren Kreis von Leistungsberechtigten. Zum Beispiel steht Alleinerziehenden seitdem ein um 61 Euro erhöhter Regelsatz zu.
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Blog 1282 27-03-25: EU hat im vergangenen Jahr mehr Gas aus Russland importiert
importiert
Trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat die EU im vergangenen Jahr mehr Gas aus Russland importiert. Das Plus lag im Vergleich zu 2023 bei 18 Prozent. Die Berechnung bezieht sowohl durch Pipelines transportiertes als auch Flüssiggas (LNG) mit ein. Besonders Italien, Tschechien und Frankreich haben vermehrt Gas aus Russland bezogen. Auch 2025 nehmen die Importe weiter zu - obwohl die Nachfrage nicht steige und die Gaspreise 2024 um mehr als die Hälfte gestiegen sind. Demnach wäre allerdings die Versorgung nicht sichergestellt, wenn die EU kein russisches Gas mehr einführen würde.
Die EU hatte nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 zahlreiche Sanktionen gegen russische Energieträger wie Kohle und Öl verhängt. Bis 2027 will die Staatengemeinschaft auch kein Gas mehr aus Russland importieren, rechtlich bindend ist dieses Vorhaben jedoch nicht. Seit dem Jahreswechsel lässt die Ukraine kein russisches Erdgas mehr passieren und hat den Transit durch Pipelines über ihr Staatsgebiet unterbunden. LNG wird hingegen über Schiffe transportiert. EU-Sanktionen verbieten zwar weitgehend den Transit von russischem Flüssiggas - aber nicht den Import.
EU-Energiekommissar Dan Jørgensen kritisierte im Handelsblatt das Verhalten der Mitgliedsstaaten. "Es ist völlig unhaltbar, weiterhin fossile Brennstoffe aus Russland zu kaufen und damit indirekt Putins Kriegskasse zu füllen", sagte der Politiker. "Seit Kriegsbeginn haben wir so viel Geld für fossile Brennstoffe aus Russland ausgegeben, wie 2.400 F-35-Kampfjets kosten würden."
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Dr. Joachim Jahnke - Die letzten Blog-Einträge
Blog 1281 26-03-25: Damit der Osten umso heller leuchten kann
Dieser Text ist aus der ZEIT und basiert auf dem neuen Buch von Michael Thumann "Eisiges Schweigen flussabwärts. Eine Reise von Moskau nach Berlin", das soeben bei C.H.Beck erschienen ist. "Eisiges Schweigen flussabwärts: Eine Reise von Moskau nach Berlin". Michael Thumann legt dammit nach seinem SPIEGEL-Bestseller "Revanche" einen sehr persönlichen Reisebericht vor, in dem er die erneute Teilung Europas mit eigenen Augen erkundet. Er beschreibt in eindringlichen Reportagen und Augenzeugenberichten seinen Weg aus Moskau heraus über die schwer bewachten Außengrenzen Russlands, erst nach Osten Richtung Zentralasien, dann nach Westen über die baltischen Staaten und Polen nach Deutschland: von Moskau nach Berlin, mitten durch den neuen Eisernen Vorhang hindurch.
Nach 25 Jahren an der Macht will Wladimir Putin das positive Europabild ein für alle Mal entsorgen. So zerstört er auch die Hoffnung der Russen auf die Zukunft.
Ein ganz normaler Abend in Moskau. Das russische Staatsfernsehen zeigt eine Ruinenlandschaft im Überflug, rauchende Wohnblocks, hohle Fassaden, kein Stein steht auf dem anderen. Menschen sind keine zu sehen. Es ist die ukrainische Stadt Wowtschansk, die der Extrem-Talker Wladimir Solowjow im Kanal Rossija 1 mit Genugtuung vorführt. Die Stadt wurde 2024 wochenlang bombardiert, bis von ihr nur noch eine lebensfeindliche Wüste übrigblieb. Solowjow wendet sich den Deutschen zu, die der Ukraine gerade wieder Hilfsgüter und Flugabwehrwaffen gegen russische Bomben versprochen haben. "Begreift ihr (Deutschen)", brüllt Solowjow plötzlich ins Mikrofon, "dass die deutschen Städte genau so aussehen werden! Aber mit den Deutschen werden wir viel härter umgehen. Wir werden einfach alles abräumen."
Mit solchen Vernichtungsfantasien wird man als Deutscher in Moskau regelmäßig konfrontiert. Sie gehören zu dem breiten Arsenal von Gewaltausbrüchen, die in Wladimir Putins Russland von höchster Stelle kultiviert werden. Diese Gewalt entlädt sich schon mehr als drei Jahre in einem Auslöschungskrieg gegen die Ukraine. Mit Gewalt werden alle Russinnen und Russen, die damit nicht einverstanden sind, niedergedrückt. Die Gewalt bricht sich aber auch in Worten Bahn, besonders gegen Europa, von dem sich Wladimir Putin abgewendet hat und gegen das er einen hybriden Krieg führt.
Dabei war der russische Herrscher an diesem Dienstag vor genau 25 Jahren als ein Präsident angetreten, der versprach, Russland unumkehrbar nach Europa zu führen. Er trat 2001 mit einer Werberede im Bundestag auf, er freundete sich mit Gerhard Schröder an, er baute mit dem SPD-Kanzler Pipelines durch die Ostsee und lud viele deutsche Politiker nach Moskau ein. Eine Putin-Biografie feierte ihn damals als den "Deutschen im Kreml". Doch nach 25 Jahren liegen Russlands Beziehungen zu Europa und zu Deutschland in Ruinen, während Russland ein Bündnis mit China geschmiedet hat und die USA sich unter Donald Trump an Russland annähern wollen.
Wladimir Putins Wendung nach Osten hat wenig oder nichts damit zu tun, dass Europa sein Werben vor 25 Jahren nicht beantwortet hätte. Gerade Deutschland versuchte in diesem Vierteljahrhundert viel, von der "Modernisierungspartnerschaft" bis zur schicksalhaften Verflechtung seiner Energiewirtschaft mit Russland. Putins Abwendung von Europa hat einen innen- und einen außenpolitischen Grund.
Im Innern des Landes setzt Putin auf einen krassen Wertegegensatz zur EU: einen gewaltsamen Autoritarismus, ein vulgärkonservatives, paternalistisches Gesellschaftsbild, die Verfolgung von Oppositionellen und die Zerstörung der Zivilgesellschaft. Systematisch lässt sein Regime alle Verbindungen nach Europa kappen. Über 200 Nichtregierungsorganisationen sind mittlerweile zu unerwünschten oder extremistischen Organisationen erklärt, darunter viele deutsche Stiftungen und Institutionen. Immer wieder ist Deutschland das Ziel. Putin und seine willigen Helfer zerschlugen die großen Netzwerke des Goethe-Instituts, die Begegnungsstätten deutscher und russischer Veteranen, sie schafften Deutsch als institutionalisierte zweite Fremdsprache in Russland faktisch ab, erklärten die deutschen Russlandforscher und -kennerinnen zu Agenten und Extremisten.
Außenpolitisch haben Putins geplante Angriffe auf die Ukraine Russland in einen unauflösbaren Gegensatz zur EU gebracht. Der gewaltige Druck Putins auf die Ukraine 2013, bloß kein Freihandelsabkommen mit der EU abzuschließen; die erste russische Invasion der Ukraine 2014 und der Vernichtungskrieg gegen die ukrainische Nation seit 2022. Putins Propagandisten drohen Deutschland und Europa heute mit Nuklearschlägen, während die russische Außenpolitik unverhohlen den Anspruch erhebt, die europäische Sicherheitsarchitektur zu bestimmen.
Die Drohungen russischer Politiker und Propagandisten gegen Europa haben zwei Richtungen: Einerseits sollen sie die EU verunsichern und zerrütten, andererseits sollen sie den Russinnen und Russen zeigen, dass sie Europa endgültig vergessen sollen. Das hat viel mit Putins großer Wende nach Osten zu tun. Die zunehmende Verflechtung mit und die Abhängigkeit von China soll durch die wohl inszenierte Zerstörung Europas und des Westens legitimiert werden. Während viele Russen Europa immer noch als Sehnsuchtsort verehren und unter dem neuen eisernen Vorhang von russischer Abschottung und westlichen Sanktionen leiden, will Putin das positive Europabild ein für alle Mal entsorgen.
Seine Propagandisten stellen die EU als degenerierten, von Migranten überlaufenen, russophoben, islamisierten und zugleich von der LGBTQ-Bewegung beherrschten Unort dar - damit der Osten umso heller leuchten kann. Das russische Staatsfernsehen zeichnet ein Bild des unaufhaltsamen Untergangs eines schwachen Europas, damit der endgültige Abschied nicht mehr so schwerfällt.
Deutsche Politiker und Politikerinnen wie Olaf Scholz oder Annalena Baerbock werden wahlweise als Nazis, Schwächlinge, Witzfiguren oder Vasallen der US-Amerikaner dargestellt. Die einst stolze deutsche Industrie läge in Ruinen, weil sie kein russisches Gas mehr beziehe. Die Menschen würden keine Wohnung mehr finden und sogar nicht genug zu essen haben, berichtet das russische Fernsehen aus Deutschland. Die Verachtung wird von Politikern und Propagandisten gleichermaßen gefeiert. In "Gay-ropa" seien Familien und Geschlechterbeziehungen zerstört. Putin und seine Propagandisten behaupten, in der EU wären die Begriffe Mutter und Vater durch "Erzeuger eins und zwei" ersetzt. Der Kontinent läge im Sterben, lautet Putins frei erfundene Schlussfolgerung: Europa - das war einmal.
Was hier zerstört werden soll, ist jene unstillbare Neugier und Entdeckungsfreude, welche viele Russinnen und Russen früher stets umtrieb: Wie lebt man in Europa? Wie sind die Europäer drauf? Sind wir nicht auch Teil von Europa? Die Folgen der Europa-Verdammnis ließ ich mir von einem der bestinformierten Soziologen Russlands erklären, Lew Gudkow. Er arbeitet im Lewada-Zentrum, einem seriösen Moskauer Umfrageinstitut. Die Behörden haben das Zentrum zum ausländischen Agenten erklärt. Gudkow diagnostiziert einen grassierenden Pessimismus in der russischen Gesellschaft: "Alle anderen leben mit dem Gefühl der ständigen Verletzbarkeit, der Unterwerfung unter äußere Kräfte und Institutionen, die sich ihrem Einfluss entziehen." Die Menschen hätten den Eindruck, dass sie ihr Leben überhaupt nicht mehr kontrollieren könnten. Sie hätten keine Vorstellung, wohin ihr Land eigentlich gehe. "Es gibt kein Bild mehr von der Zukunft." Und das habe unmittelbar mit der offiziellen Propaganda gegen Westen zu tun.
Denn in Russland sei die Vorstellung von Zukunft und Moderne immer mit dem Westen verbunden gewesen, sagt Gudkow: "Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft gründete auf einer durchaus idealisierten Sicht auf den Westen, ob es nun Kultur, Kino, Theater, Musik, Reisen, Mode oder den Lebensstil betrifft." So wie die Menschen im Westen wollte man auch sein. "Nun rutscht der Westen aus der physischen Erreichbarkeit", stellt Gudkow fest. Die russische Macht bietet China als neuen Freund an. "Doch wir kennen China nicht, es ist für uns eine virtuelle Konstruktion" - ohne Sehnsucht, ohne Gefühl der Zusammengehörigkeit und ohne kulturelle Grundlage. Gudkow bilanziert: "Die Zerstörung des Bildes von Europa zerstört die Hoffnung der Russen auf die Zukunft."
Das ist nicht nur eine treffende Zusammenfassung der europäisch-russischen Beziehungen nach 25 Jahren unter Wladimir Putin. Es ist auch die Bilanz seiner ganzen Herrschaft in einem Land ohne Hoffnung.
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Blog 1280 26-03-25: Wie sich die deutsche Politik unter Merkel in Putin getäuscht hat
Dieses Photo zeigt deutlich Merkels falsche und illusionäre Rußland-Politik. Am 26. März 2000 wurde Wladimir Putin Präsident. Von Anfang an herrschte er durch Krieg und Terror. Deutschland schaute weg. Blindheit war ja auch profitabel. Vor 25 Jahren begann unsere Geschichte mit Wladimir Putin. Sie hätte anders beginnen und anders verlaufen können. Schon an jenem 26. März 2000, als die Menschen in Russland ihn zum ersten Mal zum Präsidenten wählten, hätte man in Deutschland erkennen können, wer dieser Mann ist. Aber kaum jemand erkannte es.
Im August 1999 hatte der scheidende Präsident Boris Jelzin den damals noch fast unbekannten Chef des Geheimdienstes FSB zu seinem Ministerpräsidenten und damit de facto zu seinem Erben gemacht. Gleich zeigte Putin jene Züge, welche die meisten Deutschen dann über Jahrzehnte übersahen. Er flog im Jagdbomber nach Tschetschenien und steigerte den Eroberungskrieg, den Russland dort seit Generationen führt, zu einer Orgie des Terrors.
Unter seiner politischen Führung geriet der Einmarsch der Russen in der Hauptstadt Grosny am Neujahrstag 2000 zum Blutbad, und im Frühjahr meldete Amnesty International, Russland betreibe in der Region 20 Foltergefängnisse. Zehntausende starben bei wahllosen Bombenangriffen. Putin hatte gesagt, man werde die "Terroristen" auf dem "Scheißhaus" kaltmachen, und viele Russen liebten ihn dafür. Bei der Präsidentenwahl drei Monate später bekam er schon im ersten Wahlgang 53 Prozent.
Der Tschetschenienkrieg ging dann noch bis 2009 weiter, aber Deutschland schaute nicht hin. Das Institut Allensbach meldete 2001, 43 Prozent der Befragten hätten eine gute Meinung von Putin. 2008 marschierte Russland in Georgien ein, und einen Monat später fanden 55 Prozent der Deutschen das bilaterale Verhältnis "gut" oder "sehr gut".
2014, nach dem ersten Überfall auf die Ukraine, brach Putins Beliebtheit in Deutschland dann zwar ein, aber die Deutschen verhielten sich immer noch jahrelang so, als ginge sie das alles nichts an. Noch 2019 sagten 91 Prozent dem Institut Forsa, sie hätten "keine Angst vor Russland".
Als Putin dann im Februar 2022 zum Vernichtungsschlag gegen die Ukraine ausholte, fielen viele aus allen Wolken. "Der Überfall erschüttert mich", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Christoph Heusgen, über viele Jahre der außenpolitische Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel, fragte fassungslos: "Wie konnte das passieren?"
Es konnte passieren, weil spektakuläre Ereignisse der Zeitgeschichte und Wirtschaftsinteressen immer wieder den deutschen Blick auf Putin verstellten. Das erste solche Ereignis war der dschihadistische Angriff auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001.
In Deutschland rückte der Kampf gegen den islamistischen Terror ins Zentrum, und von Putins Terror in Tschetschenien sprach kaum noch jemand. Einige Rebellen dort waren ja schließlich auch Islamisten. Ihre Verbrechen reichten an Putins Verbrechen zwar nicht heran, dienten aber jetzt zu seiner Rechtfertigung.
Im September 2001 sprach Putin im Bundestag. Er sprach Deutsch, er sprach von Goethe, Schiller und Kant, und er rief: "Der Kalte Krieg ist vorbei!"
In Deutschland zeigte sich das schon 16 Tage nach "9/11". Putin sprach im Bundestag. Er sprach Deutsch, er sprach von Goethe, Schiller und Kant, und er rief: "Der Kalte Krieg ist vorbei!" Zugleich stellte er Russland als Beschützer dar - als "reale Barriere" im Kampf gegen fundamentalistischen Terror. Als dann Amerika und seine Verbündeten Afghanistan besetzten, unterstützte Putin das im UN-Sicherheitsrat.
Ein paar Monate später lud der Fernsehmoderator Alfred Biolek ihn und Bundeskanzler Gerhard Schröder auf die Bühne. Es war ein Fest. Biolek eröffnete Putin, er habe mit "preußischen" Tugenden die Herzen der Deutschen erobert. Schröder bemerkte, Putin könne ausgezeichnet Witze erzählen.
Der nächste Schub für Putins Beliebtheit kam im Jahr darauf. Amerika schickte sich unter George W. Bush an, den Irak zu überfallen. Sein Außenminister Colin Powell zückte zwar im Weltsicherheitsrat eine Phiole mit weißem Pulver und deutete an, sie enthalte "einen Teelöffel" des Bakteriums Anthrax, mit dem der Irak die Welt bedrohe.
Aber viele Europäer kauften die Horrorstory nicht. Auch in Deutschland wandte ein großer Teil der Öffentlichkeit sich gegen die USA. Schröder stellte sich an die Spitze des Widerspruchs und gewann die Bundestagswahl 2002. Umfragen zeigten etwas später, dass aus deutscher Sicht der Hauptschurke jener Zeit der amerikanische Präsident war.
Putin, der Amerikas Irak-Invasion ebenfalls ablehnte, erschien damals zusammen mit Frankreichs Präsident Jacques Chirac als Verbündeter in einer gerechten Sache. Er machte wieder Punkte, Deutschland schien ihm nichts übel zu nehmen. Auch die ersten Giftattentate auf prominente Gegner nahm man hin. Dazu gehörte der Anschlag, der den ukrainischen Präsidentschaftskandidaten Wiktor Juschtschenko 2004 dauerhaft entstellte, und der tödliche Einsatz des Nukleargifts Polonium gegen den Putin-Kritiker Alexander Litwinenko in London.
Es lohnte sich ja auch, die Augen zu schließen. Putin hatte im Bundestag Profite versprochen, und tatsächlich stiegen in den 14 Jahren zwischen seinem Amtsantritt und seinem ersten Angriff auf die Ukraine die deutschen Exporte nach Russland auf das Fünffache. Mit Schröder vereinbarte Putin 2005 die Gasleitung Nord Stream durch die Ostsee und schuf durch billiges Gas eine der Grundlagen für Deutschlands Stabilität in den Jahren Angela Merkels.
Deren Außenminister Steinmeier folgte damals einem Konzept namens "Annäherung durch Verflechtung": Russland sollte durch Gewinne domestiziert werden. Das Konzept zeigte seine Wirkungslosigkeit spätestens 2008, als Russland in Georgien einfiel, aber Deutschland machte weiter, als sei nichts. 2011 floss am Ostseeboden das erste russische Gas nach Deutschland.
Der erste Überfall auf die Ukraine hat die Zuneigung der Deutschen zu Putin dann allerdings erschüttert. 2015, als seine Luftwaffe dann außerdem noch begann, an der Seite des Diktators Baschar al-Assad syrische Zivilisten in Krankenhäusern und Wohnblocks so grausam zu bombardieren wie seinerzeit in Grosny, lagen seine Sympathiewerte in Deutschland nur noch bei acht Prozent. Der Anschlag auf den früheren russischen Agenten Sergej Skripal, bei dem in der englischen Stadt Salisbury das Nervengift Nowitschok zum Einsatz kam, tat ein Übriges.
Die deutschen Herzen pochten jetzt zwar nicht mehr für Putin, aber seine Verbrechen ließen sie weiter bemerkenswert kühl. Kurz nach dem Attentat von Salisbury ergab eine Forsa-Umfrage, dass viele Deutsche beim Stichwort Russland zwar an Kultur, Wodka und Gastfreundlichkeit dachten, aber nur je sechs Prozent an die Ukraine oder an Nowitschok. Als 2011 das erste russische Gas nach Deutschland floss, besuchte Putin zusammen mit dem Gazprom-Chef Alexei Miller und dem ehemaligen Kanzler Gerhard Schröder die Pipeline in Wyborg.
In der Politik führte diese blinde Gelassenheit zu Jahren der Zweideutigkeit. Einerseits stellte Merkel sich nach dem ersten Überfall auf die Ukraine an die Spitze der Länder, die Putin mit Sanktionen begegnen wollten. Damals trug sie auch den NATO-Beschluss mit, künftig zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die Verteidigung aufzuwenden.
Andererseits ist dieser Beschluss in den acht Jahren bis zum Großüberfall von 2022 nie verwirklicht worden, und wenn die NATO Manöver hielt, warnte Steinmeier vor "Säbelrasseln und Kriegsgeheul". Merkel wiederum konnte sich immer allgemeinen Beifalls sicher sein, wenn sie Waffen für den Verteidigungskampf der Ukraine strikt ablehnte.
Russland war eben nach wie vor profitabel. Der deutsche Export war nach der Krim-Invasion zwar eingebrochen, aber danach erholte er sich wieder. Außerdem wurde Deutschland immer abhängiger von russischer Energie. Nord Stream pumpte billiges Gas nach Deutschland, und im September 2015, als Russland in Syrien eingriff, wurde sogar noch ein zweiter Strang beschlossen.
Das deutsche Wirtschaftsmodell brauchte jetzt russisches Gas wie die Luft zum Atmen, und es zeigte sich, dass Steinmeiers und Merkels Verflechtungspolitik dem eigenen Land weit engere Fesseln angelegt hatte als Russland. Merkels Berater Heusgen hat später jedenfalls bekannt, durch diese Gaspolitik habe man sich "eine Blöße" gegeben.
Wie sehr diese Abhängigkeit die Bereitschaft der Deutschen zum Hinschauen schwächte, zeigte sich auch in den Umfragen nach der Krim-Invasion. Die Deutschen mochten Putin jetzt zwar nicht mehr, aber 2016, als die Bombardements in Syrien ihrem Höhepunkt zustrebten, lehnten trotzdem 56 Prozent Sanktionen gegen Russland ab. Die Deutschen taten weiter, als hätten sie nichts bemerkt.
Möglicherweise kann ein fundamentales Missverständnis die Kurzsichtigkeit dieser Jahrzehnte erklären. Die Deutschen hatten lange Zeit Michail Gorbatschow und Boris Jelzin im Sinn, wenn sie an Russland dachten: die Männer, die Deutschlands Einheit ermöglicht und Russlands Truppen abgezogen hatten. Russland erschien als Land im Übergang zur Freiheit, und Putins Brutalität wurde als abklingendes Symptom einer Kinderkrankheit missverstanden.
In Wahrheit aber sind Terror und Krieg nie abklingende Symptome, sondern von Anfang an Grundelemente von Putins Herrschaft gewesen. Schon sein erster Wahltriumph mitten in den Schrecken des Tschetschenienkrieges muss ihm gezeigt haben, dass Aggression und Eroberung sich für russische Führer lohnen. Später hat sich das immer wieder bestätigt. Die Kurve seiner Beliebtheit schoss dann steil hoch, wenn er irgendwo einen Einmarsch befahl oder jemanden vernichten ließ - nach dem Krieg in Georgien 2008 ebenso wie nach der Annexion der Krim und den Bomben auf Syrien. Der letzte scharfe Anstieg kam 2022, als Russland die Ukraine überfiel. Dass Putins Eroberungen für seine Entourage außerdem ungemein profitabel waren, kam hinzu.
In Deutschland wurde die Aggression allerdings lange nicht als konstituierendes Element des Systems Putin erkannt. Die Großmanöver, die 2021 den Überfall auf die Ukraine vorbereiteten, wurden ebenso wenig ernst genommen wie sein Aufsatz vom Juni desselben Jahres, in dem er die Ukraine zum Bestandteil eines mythischen "dreieinigen" Russlands erklärte. Merkel blieb bei ihrer Linie, und Scholz beendete das Genehmigungsverfahren für Nord Stream 2 nur zwei Tage vor dem Überfall vom 24. Februar 2022.
Manche haben ihre Fehlwahrnehmung später erkannt. Steinmeier, mittlerweile Bundespräsident, antwortete 2022 auf die Frage, ob er den Krieg habe kommen sehen, mit einem schlichten "Nein". Er habe gehofft, dass Putin "den totalen politischen, wirtschaftlichen, moralischen Ruin seines Landes" nicht für einen "imperialen Wahn" riskieren werde. Auch ich lag damals falsch. Ende 2021 schrieb ich in der F.A.S., Putin sei "kein Stalin", der Millionen Soldaten opfere.
Viele Deutsche, von Scholz bis zum CDU-Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, behandelten Putins Russland aber auch nach 2022 nicht wie einen Raubstaat, dessen Hauptressource der Krieg ist. Sie klammerten sich an die Illusion, Putin könne durch Friedfertigkeit friedfertig gemacht werden. Auf der Linken hallte dabei die Überzeugung der Anti-Vietnamkrieg-Generation nach, Russland habe ja recht, wenn es sich von einem aggressiven Westen bedroht fühle. Steinmeier jedenfalls hat einmal gesagt, früher habe er "tatsächlich geglaubt, Moskau könnte Angst vor der Erweiterung der NATO haben".
Da lag die Folgerung nahe, man müsse Putin diese Angst nur nehmen, dann werde er zu der Entspannung zurückkehren, auf welche die SPD immer gesetzt hatte. Es lag nahe, der Ukraine zwar Leopard-2-Panzer zu liefern, aber eben nur 18 Stück, keinen mehr, keinen weniger. Und es lag nahe, dass Scholz niemals über die Lippen brachte, Russland müsse den Krieg verlieren. Zuletzt ist seine Koalition dann auch daran gescheitert, dass er Putin als Gefahr nicht ernst nahm.
Statt der Ukraine wirksam zu helfen, machte er die Hilfe zum Spielball von Koalitionsrankünen, als sei sie ein Thema dritten Ranges. Für den Kanzler war die "Verflechtung", durch die Deutschland Putin immer binden wollte, am Ende zur Verstrickung geworden.
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Blog 1279 23-03-25: 50 Prozent mehr Fehltage wegen Depressionen
Depressionen führen in Deutschland zu immer mehr Arbeitsausfällen, hat die Krankenkasse DAK ermittelt. Einen sprunghaften Anstieg gab es bei älteren Menschen. Krankschreibungen wegen Depressionen haben nach Zahlen der Krankenkasse DAK-Gesundheit im vergangenen Jahr etwa 50 Prozent mehr Fehltage verursacht als 2023.
Bezogen auf 100 Beschäftigte führten psychische Diagnosen insgesamt zu 342 Fehltagen, nach 323 Tagen im Vorjahr, teilt die DAK mit. Allein der durch Depressionen bedingte Arbeitsausfall sei auf 183 Fehltage je 100 Beschäftigte gestiegen. 2023 seien es 122 Tage gewesen. Wie der aktuelle Psychreport der DAK-Gesundheit zeigt, sind Beschäftigte in Kitas und in der Altenpflege besonders belastet.
"Die hohe Zahl psychischer Erkrankungen ist für die betroffenen Beschäftigten und ihre Arbeitgeber oft mit langen Fehlzeiten und einer Stigmatisierung verbunden", so DAK-Vorstandschef Andreas Storm. "Wir dürfen die Augen nicht länger verschließen, denn psychische Gesundheit ist ein zentraler Erfolgsfaktor für eine resiliente Gesellschaft und einen starken Wirtschaftsstandort Deutschland." Nötig seien eine verstärkte Aufklärung über die Ursachen und tabulose Informationen zu Depressionen und Angststörungen sowie unterstützende Angebote zur Stärkung der mentalen Gesundheit, forderte Storm.
Von dem Anstieg bei Depressionen seien alle Altersgruppen betroffen. Bei den Jüngeren gingen die Zahlen stufenweise bereits seit einigen Jahren hoch, bei den älteren Altersgruppen habe es 2024 einen sprunghaften Anstieg gegeben. So seien die Fehlzeiten wegen Depressionen bei den über 60-Jährigen von 169 auf 249 Tage je 100 Beschäftigte gestiegen.
Die Dauer einer durchschnittlichen Krankschreibung wegen einer psychischen Erkrankung lag den Informationen zufolge 2024 mit knapp 33 Tagen etwas über dem Vorjahresniveau. Die Zahl langwieriger Krankschreibungen von 29 bis 42 Tagen sei um 14 Prozent gestiegen.
Die DAK-Gesundheit ist eine der größten gesetzlichen Krankenkassen Deutschlands und hat nach eigenen Angaben für den Psychreport 2025 die Daten von 2,42 Millionen DAK-versicherten Beschäftigten durch das Berliner IGES Institut auswerten lassen.
Im internationalen Vergleich (Abb. 19732): Krankenhaus-Entlassungen nach Diagnose Psychische und Verhaltensstörungen, stationäre Patienten, je 100.000 Einwohner 2019 ist Deutschland der bedrückende Spitzenreiter.
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Blog 1278 22-03-25: Die konjunkturelle Schwäche bleibt auch im Februar am Arbeitsmarkt sichtbar
"Die konjunkturelle Schwäche bleibt auch im Februar am Arbeitsmarkt sichtbar. Die Arbeitslosigkeit hat sich gegenüber Januar nur geringfügig verringert.", sagte der Vorstand Regionen der Bundesagentur für Arbeit (BA), Daniel Terzenbach, heute anlässlich der monatlichen Pressekonferenz in Nürnberg.
Bei anhaltender Winterpause ist die Arbeitslosigkeit im Februar 2025 um 3.000 auf 2.989.000 zurückgegangen. Saisonbereinigt hat sie sich gegenüber dem Vormonat um 5.000 erhöht. Verglichen mit dem Februar des letzten Jahres liegt die Arbeitslosenzahl um 175.000 höher. Die Arbeitslosenquote blieb unverändert bei 6,4 Prozent (Abb. 28874). Gegenüber dem Vorjahresmonat hat sich die Quote um 0,3 Prozentpunkte erhöht.
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Dr. Joachim Jahnke - Die letzten Blog-Einträge
Blog 1277 20-03-25: In Finnland leben die glücklichsten Menschen der Erde - Deutschland nur auf Platz 22
In Finnland leben die glücklichsten Menschen der Erde. Das Land im hohen Norden Europas hat das achte Jahr in Folge den ersten Platz in der weltweiten Glücksrangliste erreicht. Das geht aus dem aktuellen Weltglücksbericht (PDF) hervor. Mit Dänemark, Island und Schweden folgen auf den weiteren Plätzen drei weitere Nordländer. Erneut zu den fünf glücklichsten Ländern zählen die Niederlande. Gefolgt von Costa Rica und Mexiko. Die beiden lateinamerikanischen Länder schaffen es das erste Mal unter den zehn glücklichsten Ländern weltweit. Die Schweiz bleibt das glücklichste deutschsprachige Land, rutscht aber von Platz neun auf 13 ab. Österreich verliert ebenfalls und landet drei Ränge weiter hinten als im Vorjahr auf Position 17. Deutschland verbessert sich dagegen von Rang 24 auf 22. Ihre schlechteste Platzierung jemals erreichten die USA: Sie fallen auf den 24. Platz. Im vergangenen Weltglücksbericht lagen die Amerikaner noch auf dem 23. Rang – und damit noch vor Deutschland. Der Weltglücksbericht wird jährlich von einem interdisziplinären Forscherteam um das Wellbeing Research Centre der Universität Oxford zum Weltglückstag am 20. März veröffentlicht. Er liefert Einblicke, wie es um die Zufriedenheit und die wahrgenommene Lebensqualität der Menschen in aller Welt bestellt ist. In die Bewertung fließen ganz unterschiedliche Faktoren wie die Wirtschaftsleistung eines Landes, Gesundheit, das Freiheitsgefühl, die Großzügigkeit der Menschen und die Wahrnehmung von Korruption ein.
Blog 1276 18-03-25: Jetzt betreibt Israel wieder seinen eigenen Holocaust in Gaza
Nach zwei Monaten greift Israel wieder den Gazastreifen an und bricht damit die Waffenruhe. Die USA waren vorab informiert. Für die Menschen in Gaza und die Angehörigen der Geiseln ist damit das Worst-Case-Szenario eingetreten. Der Krieg in Gaza ist zurück. Die Bewohner schliefen noch, als das israelische Militär in der Nacht auf heute eine Reihe von schweren Luftangriffen auf den abgeriegelten Küstenstreifen flog - rund zwei Monate nach Beginn der Waffenruhe. Nach Angaben der lokalen Gesundheitsbehörde, die von der Hamas kontrolliert wird und bei ihren Angaben nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheidet, sind in den vergangenen Stunden über 400 Menschen getötet worden, darunter auch Kinder.
Israels Premier Benjamin Netanyahu begründet die "umfangreichen Angriffe auf Terrorziele" der Hamas mit der "wiederholten Weigerung der Hamas, unsere Geiseln freizulassen". Israel hatte sich im Vorfeld mit den USA über die Angriffe auf Gaza beraten, wie eine Pressesprecherin des Weißen Hauses dem US-Sender Fox News verkündete. Die Hamas spricht von einem einseitigen Bruch der Waffenruhe und gab den Tod ranghoher Mitglieder bekannt, die im Zuge der israelischen Luftangriffe getötet wurden. Darunter soll sich Issam al-Dalis befinden, Leiter des Überwachungsausschusses der Regierung - eine Position, die oft mit der eines Premierministers verglichen wurde. In einem Kartenspiel, das an Soldaten der israelischen Armee verteilt wurde und die meistgesuchten Hamas-Mitglieder darstellt, wurde er laut israelischen Journalisten als "König" geführt.
Die erste Phase der Waffenruhe war am 1. März abgelaufen. Daraufhin stoppte Israel die Hilfslieferungen für Gaza. Für eine ursprünglich vereinbarte zweite Phase gab es keine Einigung. Sie sollte ein permanentes Ende des Kriegs sowie die Freilassung der restlichen Geiseln beinhalten. Stattdessen könnten die Bombardierungen und Kämpfe nun wieder mit voller Wucht weitergehen.
Für die Menschen in Gaza und die Angehörigen der Geiseln in Israel ist das Worst-Case-Szenario mit den Angriffen bereits eingetreten. Israels Armee rief die Bewohnerinnen und Bewohner aus Stadtteilen von Chan Junis im Süden sowie Beit Hanun im Norden des Küstenstreifens erneut zur Flucht auf. Dorthin waren Hunderttausende Menschen gerade erst zurückgekehrt. In einem gemeinsamen Statement schreiben die Angehörigen der israelischen Geiseln: "Die größte Angst wurde wahr. Israel hat sich entschieden, die Geiseln aufzugeben."
Wie kam es so weit? In der ersten Phase der Waffenruhe wurden 33 israelische Geiseln freigelassen, die beim Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 verschleppt worden waren - gegen fast 2000 palästinensische Gefangene. Von Anfang an war fraglich, ob es zur zweiten Phase überhaupt kommen würde, sie sollte während der ersten Phase noch verhandelt werden. Der amerikanische Sondergesandte Steve Witkoff schlug Anfang März stattdessen eine Verlängerung der ersten Phase um 42 Tage vor. Außerdem den Austausch lebender Geiseln für palästinensische Gefangene, darunter eines amerikanisch-israelischen Doppelstaatlers. Im Gegenzug sollte Israel wieder Hilfslieferungen nach Gaza zulassen.
Die Hamas hingegen pocht weiterhin auf die zweite Phase des Abkommens: Sie verlangt den vollständigen Rückzug der israelischen Armee und einen dauerhaften Waffenstillstand. In diesem Fall würde sie alle verbliebenen israelischen Geiseln freilassen - 24 sollen noch am Leben sein. Ein solches permanentes Ende des Kriegs könnte die Hamas als Sieg verkaufen. Israels Premier Netanyahu will sich darauf nicht einlassen.
Vor allem die rechtsradikalen Minister in Israel drohten Netanyahu seit Monaten mit Koalitionsbruch, wenn der Krieg in Gaza enden würde. Der rechtsextreme Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir schaffte Mitte Januar Fakten: Nach der Waffenruhe trat er aus der Koalition aus, sprach von einer "Kapitulation" Israels. Netanyahu verlor zwar nicht die Mehrheit im rechts-religiösen Block, aber sein politisches Überleben ist in Gefahr. Am Dienstag kündigte Ben-Gvir angesichts der jüngsten Luftangriffe auf Gaza an, in die Koalition zurückkommen zu wollen. Diese ist auf seine Partei angewiesen, um den Haushalt zu verabschieden und Neuwahlen abzuwenden.
In den vergangenen Wochen drohte auch der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich Netanyahu mit dem Austritt aus der Regierung, sollte das Abkommen in all seinen Phasen umgesetzt werden. Er plädierte für eine Rückkehr des Kriegs nach der ersten Phase - so, wie es nun geschehen ist. Am Dienstag sagte Smotrich, die Rückkehr der Kämpfe werde "völlig anders" sein als zuvor. Er sagte: "Dies ist der Moment, für den wir trotz unserer Ablehnung des Abkommens in der Regierung geblieben sind, und wir sind entschlossener denn je, die Aufgabe zu vollenden und die Hamas zu zerstören."
Netanyahu ist nicht nur ein Getriebener seiner Koalitionäre, auch für ihn selbst kommt die Weiterführung des Kriegs gelegen: Am heutigen Dienstag hätte er in seinem seit Langem laufenden Korruptionsprozess aussagen müssen. Die Sitzung wurde nun abgesagt, berichtet die "Times of Israel ". Netanyahu ist der erste amtierende Premier Israels, der vor Gericht steht. Er ist wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit angeklagt. Bisher konnte er seine Aussage jedes Mal abwenden.
Auch auf den Straßen Jerusalems hätte es dieser Tage unangenehm werden können. Für Dienstag und Mittwoch sind in Israel große Kundgebungen gegen Netanyahu geplant. Seine Ankündigung vom Sonntag, den Inlandsgeheimdienstchef Ronen Bar entlassen zu wollen, hat viele Israelis erzürnt. Dabei geht es um die Verantwortung für das Massaker vom 7. Oktober, die Netanyahu von sich weist und den Sicherheitskräften zuweist. Kürzlich kritisierte der Geheimdienst Netanyahus "Politik der Ruhe" in einem Untersuchungsbericht. Jahrelang hatte Netanyahu die Finanzierung der Hamas durch Katar geduldet - mit dem Ziel, die Palästinenser zu spalten und eine Zweistaatenlösung zu verhindern.
Auch für die Hamas geht es in dieser zweiten Phase des Abkommens ums Überleben. Diese Phase sollte aus ihrer Sicht eine Nachkriegsordnung sichern, in der sie weiterhin die Macht im Gazastreifen hat. Das ist aus Sicht der Israelis aber ausgeschlossen: Israels Außenminister Gideon Sa'ar hatte eine "vollständige Entmilitarisierung des Gazastreifens" und die Übergabe der verbliebenen israelischen Geiseln zur Bedingung gemacht. Die Hamas nannte eine Entwaffnung der Gruppe eine "rote Linie". Deshalb war stets absehbar, dass die Frage über die Zukunft der Hamas die Verhandler in Kairo und Doha an ihre Grenzen bringen würde.
Auch in der Arabischen Liga herrscht Uneinigkeit über eine Nachkriegsordnung. Zum Kairoer Sondergipfel für einen Wiederaufbau in Gaza reisten Anfang März weder der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman noch der emiratische Präsident Mohammed bin Zayed an. Die beiden Herrscher wollen keine Milliarden in Gaza investieren, ohne die US-Pläne für die Zukunft des Küstenstreifens zu kennen. Die anwesenden arabischen Staatschefs stimmten schließlich dem ägyptischen Plan für den Wiederaufbau von Gaza zu, um der von Trump geplanten Zwangsumsiedlung etwas entgegenzusetzen. Darin ist eine Uno-geführte Friedenstruppe für eine Übergangsphase vorgesehen. Für die Zukunft plädierten die Araber für einen Friedensprozess.
Keine deutliche Antwort gab es auf die Frage, was mit der Hamas passieren soll. Wenn es nach dem ägyptischen Plan geht, soll ein palästinensisches Gremium aus Technokraten übernehmen - mit westlicher und arabischer Unterstützung. Fest steht: Ein vollständiger Sieg über die Hamas, wie Israel ihn nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023 verkündet hat, bleibt ein unrealistisches Kriegsziel. Die Geiselübergaben während der ersten Phasen nutzte die Hamas als Machtdemonstrationen. Hunderte schwer bewaffnete Kämpfer zeigten sich mitten in der Stadt - und das nach 15 Monaten israelischer Kriegsführung. Der Gazastreifen ist weitgehend zerstört, die Hamas ist es nicht. Sie bleibt die dominierende politische und militärische Kraft. Laut Medienberichten soll die Hamas sogar Zulauf verzeichnen: bis zu 15.000 neue Kämpfer seit der Waffenruhe.
Zwar hat Trump Netanyahu anfangs zur Waffenruhe gedrängt - doch dieser Druck ist nach dem Besuch Netanyahus Anfang Februar in Washington nahezu verpufft. Trumps Plan aus Gaza "eine Riviera des Nahen Ostens" zu machen, hat das Waffenstillstandsabkommen untergraben, die Fantasien der Rechtsextremen in Israel gestärkt und eine mögliche Vertreibung der Palästinenser normalisiert. Aus Washington muss Israel unter Donald Trump keine Aufrufe zur Mäßigung fürchten, wie es sie unter seinem Vorgänger US-Präsident Joe Biden gab - wenn auch ohne Konsequenzen. Im Gegenteil: Erst Anfang März hatte Trump eine "letzte Warnung" Richtung Hamas geschickt: "Ich schicke Israel alles, was es braucht, um die Sache zu Ende zu bringen. Kein einziges Hamas-Mitglied wird sicher sein, wenn ihr nicht tut, was ich sage."
Über Israels Weigerung, die zweite Phase des Abkommens einzuläuten, verlor Trump bislang kein Wort. Stattdessen sagte er zu den Menschen in Gaza: "Eine wunderbare Zukunft erwartet euch - aber nicht, wenn ihr Geiseln gefangen haltet. Wenn ihr das tut, seid ihr tot."
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Blog 1275 17-03-25: Kein Ausweg aus der Krise - Erstmals seit mehr als 20 Jahren zwei Rezessionsjahre in Deutschland - Ifo Institut
halbiert Wachstumsprognose für 2025
Im Winter hatte das ifo Institut für dieses Jahr 0,4 Prozent Wachstum vorhergesagt, jetzt senkt das Institut seine Erwartungen. Die Prognose für 2026 ist kaum besser. Niedrige Nachfrage, Angst vor neuen Zöllen und Unsicherheit über staatliche Investitionen tragen zu geringen Wachstumserwartungen bei.
Das Münchner ifo Institut hat nun seine Erwartungen an das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr reduziert (Abb. 20789). Für 2025 erwarten die Münchner Wirtschaftsforscherinnen und -forscher nur noch ein Wachstum von 0,2 Prozent, wie das Institut mitteilte. Im Winter war es noch von einem Wachstum von 0,4 Prozent ausgegangen. Auch für das kommende Jahr haben die Forscher nur geringfügig bessere Erwartungen: Sie prognostizieren für 2026 ein Wachstum von 0,8 Prozent. Damit ist das ifo Institut pessimistischer als beispielsweise die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Diese hat ihre Erwartung zwar ebenfalls gesenkt, prognostiziert Deutschland aber ein Wachstum von 0,4 Prozent, nachdem sie im Winter noch von 0,7 Prozent ausgegangen war.
"Die deutsche Wirtschaft steckt fest", sagte der Leiter der ifo-Konjunkturprognosen, Timo Wollmershäuser. "Trotz einer wieder anziehenden Kaufkraft bleibt die Konsumlaune verhalten, und auch die Unternehmen investieren zurückhaltend." Die Industrie leide unter einer schwachen Nachfrage und zunehmendem internationalen Wettbewerbsdruck.
Für "erhebliche Risiken" sorge auch der Regierungswechsel in den USA, sagte Wollmershäuser. Die Regierung von Präsident Donald Trump habe eine "erratische und protektionistische" Wirtschaftspolitik eingeschlagen. Bereits angekündigte Importzölle auf Waren aus Mexiko, Kanada und China sowie entsprechende Gegenzölle hätten negative Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Mögliche weitere Zollerhöhungen auf europäische Produkte könnten "die deutsche Exportwirtschaft empfindlich treffen", warnte Wollmershäuser. Auch die OECD hatte ihre Erwartungen für Deutschland und weitere Länder unter dem Eindruck der Wirtschaftspolitik Trumps gesenkt.
Doch auch die innenpolitische Lage trägt nach Ansicht des ifo-Experten zu den trüben Aussichten bei. So sei noch offen, ob und wann die geplanten Maßnahmen zur Stärkung der Infrastruktur und Verteidigung umgesetzt werden sollen. Der Ökonom mahnte, die Phase der Unsicherheit schnell zu überwinden: "Eine verlässliche Wirtschaftspolitik ist essenziell, um Vertrauen zu schaffen und Investitionen anzukurbeln. Die Unternehmen brauchen Planungssicherheit, insbesondere angesichts der aktuellen Herausforderungen durch den Strukturwandel in der Industrie."
Die deutsche Wirtschaft ist 2023 und 2024 um 0,3 beziehungsweise 0,2 Prozent geschrumpft. Sollte das Bruttoinlandsprodukt auch in diesem Jahr sinken, wäre das die längste Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik. Zwei Rezessionsjahre in Folge gab es zuletzt 2002 und 2003 mit Rückgängen von 0,2 beziehungsweise 0,7 Prozent.
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Blog 1274 16-03-25: Zum ersten Mal seit 2002 schickt Israel Panzer und Bulldozer ins Westjordanland
Israel planiert im Westjordanland Häuserreihen und die Hoffnung auf eine Zusammenarbeit mit der Palästinenserführung. Und der Einzige, der das stoppen könnte, schaut weg. Seit Wochen geht Israels Armee im besetzten Westjordanland so aggressiv vor wie seit vielen Jahren nicht. Die Soldaten rücken mit bewaffneten Planierraupen an, graben Straßen auf und machen ganze Häuserreihen platt. Die Menschenrechtsorganisation B'Tselem dokumentiert die Fälle mit Videos: "Erst haben wir im Fernsehen gesehen, was in Gaza passiert", sagt eine sehr alte Frau in einer der Aufnahmen. "Jetzt passiert uns das Gleiche."
Mehr als 40.000 Menschen sollen laut B'Tselem obdachlos oder vertrieben worden sein, aus Dschenin, Tulkarm, Nur Shams und Tubas. Gleichzeitig weitet Israels Armee ihre dauerhafte Präsenz aus, schickte zum ersten Mal seit 2002 Panzer und Bulldozer. Die Bilder wecken Erinnerungen an die Operation Defensive Shield, jener Offensive im Jahr 2002 während der Zweiten Intifada: Auch damals war Israel umfassend ins Westjordanland einmarschiert, hatte ganze Straßenzüge zerstört. Bei Kämpfen zwischen Palästinensern und der Armee sollen damals Hunderte Menschen getötet worden sein. Auf beiden Seiten hinterließ das ein Trauma.
20 Jahre später, das zeigen die zurückgekehrten Panzer und Planierraupen, hat sich die Lage nicht verbessert. Israel fühlt sich weder sicherer vor Terroranschlägen noch ist das Leben der palästinensischen Bevölkerung besser geschützt. Die Nichtregierungsorganisation International Crisis Group mit Sitz in Brüssel zeichnet in einer aktuellen Einschätzung nach, warum sich die Situation in den vergangenen Jahren rapide verschlechtert hat. Die entscheidenden Ereignisse: der anhaltende Unwille von Mahmud Abbas, Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde PA, Neuwahlen zu erlauben. Außerdem Israels Parlamentswahlen im November 2022, die zu einer Regierungskoalition unter der Beteiligung teils rechtsextremer Minister führten. Und nicht zuletzt natürlich der Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 und nun die Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten.
Die widersprüchlichen Äußerungen der Trump-Administration zu den besetzten Gebieten hätten alte Annahmen über die Zukunft verworfen und "scheinbar Möglichkeiten eröffnet, die sich die Regierung des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu bisher kaum vorstellen konnte", heißt es in der Einschätzung der Crisis Group. Damit bezieht sie sich insbesondere auf die Vertreibung der Palästinenser aus Gaza sowie die Idee, den Streifen unter US-Kontrolle auszubauen.
Nur die USA hätten genug Macht, um Einfluss zu nehmen. Tatsächlich sei angesichts Trumps insgesamt inkonsistenten Aussagen über das Westjordanland im Moment mit dem schlimmsten Szenario zu rechnen ? nämlich, dass mit den USA das einzige Land nichts tut, das überhaupt Einfluss auf die Entwicklungen nehmen könnte.
Ohne die USA bleiben der in Israel selbst umstrittene Ministerpräsident Netanjahu auf der einen und der ebenfalls extrem unbeliebte Abbas auf der anderen Seite übrig. Das Verhältnis ist asymmetrisch. Israel ist die Besatzungsmacht und kann deshalb darüber verfügen, wie viel Spielraum und Eigenständigkeit sie der PA gewehrt. Die jüngsten Militäreinsätze finden überwiegend in Gebieten statt, über die eigentlich die PA die Kontrolle haben sollte. In den vergangenen Monaten versuchte sie auch, teils erfolgreich und mit Unterstützung der Biden-Regierung, vom Iran finanzierte Terrorzellen im Westjordanland zu entmachten. Unter den Palästinensern machte sie sich damit aber unbeliebt, wurde als Kollaborateur der Israelis beschimpft.
"Das Dilemma, in dem sich die Palästinensische Autonomiebehörde befindet, verdeutlicht das zentrale Dilemma der palästinensischen Nationalbewegung: entweder Widerstand gegen eine immer stärker unterdrückende Besatzung leisten - und wenn ja, wie - oder mit Israel kooperieren", schreibt die International Crisis Group dazu. Demnach habe die PA nicht nur bewaffnete Gruppen, sondern auch "gewaltlose Formen des Widerspruchs zu unterdrücken" versucht, in der Annahme, Israel würde sich dafür mit Zugeständnissen bedanken, wodurch sich "die Lebensbedingungen der Palästinenser verbessern und damit den Anreiz verringern würden, zu den Waffen zu greifen oder auf die Straße zu gehen".
Tatsächlich wirkt es, als würde Israel mit den umfassenden Einsätzen auch alle Hoffnungen auf eine verbesserte Zusammenarbeit mit der PA plattwalzen. Dabei hat die PA wohl gehofft, eine wesentliche Rolle beim Wiederaufbau des zerstörten Gazastreifens zu spielen und eventuell die verfeindete Hamas als politische Macht ersetzen zu können. Diesen Plan haben die Biden-Regierung, Teile der EU und der arabischen Staaten unterstützt.
Netanjahu weigert sich bisher, realistische Perspektiven für ein Nachkriegsgaza zu besprechen, stellt sich stattdessen hinter Trumps radikalen Gaza-Plan. Wie das US-Nachrichtenportal Axios mit Verweis auf israelische Beamte Anfang Februar berichtete, herrsche neuerdings in Netanjahus Koalition "ein Gefühl des Rausches im Raum", als ob alle Probleme in Gaza jetzt gelöst wären, weil Trump etwas gesagt habe.
Die PA lehnte Trumps Plan ab, genauso die arabischen Staaten. Allerdings: In einem unter der Federführung Ägyptens ausgearbeiteten alternativen Plan für eine Nachkriegsordnung soll offen sein, welche Verantwortung die PA tatsächlich übernehmen würde. Neben den 40.000 Vertriebenen aus den betroffenen Orten im Westjordanland ist es deshalb aktuell die moderate PA, die den Preis zu zahlen droht für Israels Militäroperation.
Die israelische Armee wiederum rechtfertigt ihr Vorgehen mit befürchteten Terroranschlägen nach dem Ende des für Muslime heiligen Fastenmonats Ramadan in zwei Wochen. Außerdem herrsche Unsicherheit darüber, welche Folgen die Freilassung Hunderter palästinensischer Inhaftierter als Teil der Waffenruhe-Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas haben könnte ? und ob die Hamas die Freigelassenen für erneute Anschläge auf Israelis gewinnen könnte. Eine entscheidende Rolle spielt dabei der Schmuggel mit illegalen Waffen. Vergangene Woche etwa sollen israelische Sicherheitskräfte ein "riesiges Waffenlager, mit Gewehren und Sprengstoff" in der Nähe von Ramallah entdeckt haben, berichtete das Nachrichtenportal Ynet. Wie es heißt, sei bisher unklar, woher die beschlagnahmten Waffen stammten.
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Blog 1273 14-03-25: Die Welt zwischen einem mörderischen Putin und einem verrückten, grönlandhungrigen
Trump
Es sind schlimme Zeiten, die wir und alle demokratischen Staaten derzeit durchleben müssen. Einerseits hat der von Russland gegen die Ukraine betriebene Krieg hat laut Zählungen des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) bis zum 28. Februar 2025 schon mindestens 12.737 Todesopfer in der ukrainischen Zivilbevölkerung gefordert. Zudem wurden aufgrund des Ukraine-Krieges bisher mindestens 29.768 verletzte Zivilist:innen vom OHCHR erfasst. Bei den Angaben handelt es sich um durch die UN bestätigte zivile Opfer. Das OHCHR geht davon aus, dass die tatsächliche Anzahl an Verletzten und Toten in der ukrainischen Zivilbevölkerung wesentlich höher ist. Das liegt daran, dass der Eingang von Informationen aus einigen Orten, an denen intensive Feindseligkeiten stattgefunden haben, sich verzögert und viele Berichte noch nicht bestätigt wurden.
Andererseits agiert ein verrückter und grönlandhungriger Trump, der von einer wieder großen USA träumt: "Make America Great Again" oder "MAGA", ein Slogan, den Trump in den Wahlkampagnien von 2016 und 2024 einsetzte und auf seiner Mütze trägt.
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Blog 1272 01-03-25: Und jetzt Putin in Uniform
Putin zeigt sich neuerdings in Uniform (Abb.) und lehnt den von den USA vorgeschlagenen Waffenstillstand in der Ukraine ab. Das is weit weg von seiner friedlichen Rede im deutschen Bundestag von 2001 (Abb.). Wie sich die Zeiten ändern! Zwischen dem friedlichen Putin von 2001 (49 Jahre alt) und dem von neute mit 72 Jahren in Uniform liegen mehrere Welten!
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Blog 1271 13-03-25: Wozu braucht ein Arbeitnehmer in Deutschland einen jährlichen Lohn von 10 Mio. EUR?
Die Deutsche Bank macht es vor.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank hat im zurückliegenden Jahr rund eine Million Euro mehr verdient. Das geht aus dem Geschäftsbericht hervor, den die Bank an diesem Donnerstag veröffentlichte. Demnach verdiente der Chef von Deutschlands größter Geschäftsbank im zurückliegenden Jahr 9,75 Millionen Euro, ein Jahr zuvor waren es 8,75 Millionen Euro. Ihm folgte der für das Investmentbanking zuständige Vorstand Fabrizio Campelli, der auf 8,99 Millionen Euro kommt. Sein Stellvertreter und Finanzchef James von Moltke erhielt eine Vergütung von 8,27 Millionen Euro - und liegt damit noch hinter dem für das Privatkundengeschäft zuständigen Vorstand Claudio de Sanctis, dessen Vergütung für das Jahr 2024 bei 8,38 Millionen Euro lag.
Der am schlechtesten bezahlte Manager im Vorstand der Deutschen Bank war 2024 Rechtsvorstand Stefan Simon mit einer Vergütung von 5,86 Millionen Euro. Insgesamt ließ sich die Deutsche Bank ihren zehnköpfigen Vorstand laut dieser Berechnung 68,07 Millionen Euro kosten, knapp zehn Millionen Euro mehr als 2023. Auch die Zahl der Einkommensmillionäre bei der Deutschen Bank ist im vergangenen Jahr gestiegen: von 505 auf 647. So verdienten - einschließlich der zehn Vorstandsmitglieder 647 Mitarbeiter im vergangenen Jahr mehr als eine Million Euro, ein Jahr zuvor waren es 505. Ursächlich hier ist die bessere Entwicklung im Investmentbanking.
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Blog 1270 12-03-25: Nochmal: Ver.di, die keine Dienste leistende angebliche Dienstleistungsgewerkschaft, die nur sich selbst
bedient
Ver.di überzieht mit den Warnstreiks maßlos Da müssen wegen Ver.di z.B. Ärzte Termine für Operationen streichen, wenn die Situation des Patienten nicht akut lebensbedrohlich ist, auch wenn sich deren Zustand dadurch nachhaltig verschlechtern könnte. Würden die VW-Werker im Arbeitskampf überreizen, müssten sie schließlich mit verstärktem Stellenabbau rechnen. Müllmänner und Behördenangestellte brauchen hingegen nicht um ihren Job zu fürchten.
Flächendeckende Arbeitsniederlegungen wie in dieser Woche wären legitim, wenn die Verhandlungen gescheitert wären - aber nicht, bevor die Beteiligten alle Kompromissmöglichkeiten ausgelotet haben. Das hängt womöglich damit zusammen, dass Ver.di in dieser Tarifrunde ziemlich hinlangt, jedenfalls im Vergleich zu den Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft. Während dort die Reallöhne durch die Inflation schrumpften, konnten sich die 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes seit der letzten Tarifrunde vor zwei Jahren über ein Plus von durchschnittlich zwölf Prozent freuen. Damit war die Teuerung seit 2022 weitgehend ausgeglichen. Das aber lassen die Ver.di-Bosse in ihrer Maßlosigkeit außer Acht.
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Blog 1269 09-03-25: Nochmal: Ver.di, die keine Dienste leistende angebliche Dienstleistungsgewerkschaft
Bei dieser Gewerkschaft zählen nur die eigenen Ellenbogen. Wenn sie so weitermacht, wird ihr Streikrecht gesetzlich zu begrenzen sein. "Die Gewerkschaft legt den Flughafen lahm - und das ohne Ankündigungsfrist genau am Anfang der Hamburger Frühjahrsferien. Damit schadet Ver.di vor allem den Menschen", sagte die Pressesprecherin des Hamburger Flughafens, Katja Bromm, gegenüber der "Hamburger Morgenpost".
Ein Gewerkschaftssprecher sagte zu dem spontanen Aufruf zur Arbeitsniederlegung: "Der Streik war notwendig, damit die Streikwirkung auch wirklich gespürt wird." Bei Arbeitsniederlegungen mit Ankündigungen ergreife der Flughafen Maßnahmen und setze etwa Streikbrecher ein. Man wisse um die Auswirkungen für Flugreisende, aber die Arbeitgeber müssten nun ein Angebot vorlegen. Auch morgen soll trotz des heutigen Warnstreiks die Arbeit in mehreren Bereichen niedergelegt werden. Betroffen sind unter anderem die Flugzeugabfertigung und die Sicherheitskontrolle der Passagiere.
Flughafensprecherin Bromm sagte, es sei auch am Montag mit einer erheblichen Beeinträchtigung des Flugbetriebes zu rechnen. "Wir empfehlen allen Reisenden, die morgen ab Hamburg fliegen möchten, Kontakt mit Ihrer Fluggesellschaft aufzunehmen."
Bundesweit hat Ver.di für Montag zu Warnstreiks an 13 deutschen Flughäfen aufgerufen. Hintergrund ist der Tarifstreit mit Bund und Kommunen, in dem Mitte März die nächste Verhandlungsrunde ansteht. Mehr als 500.000 Menschen werden ihre Flugreise wegen der Warnstreiks am Montag nicht wie geplant antreten können. Nach einer ersten Schätzung des Flughafenverbands ADV fallen voraussichtlich mehr als 3400 Flüge aus. Was Ver.di hier tut, ist brutal rücksichtslos und bösartig gegenüber den Flugreisenden.
Eine Gewerkschaft, die das Streikrecht mißbraucht, sollte es verlieren.
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Blog 1269 07-07-25: Bildung und Migration: Schaffen wir das? So nicht!
Unser Schulsystem ist mit der Vielfalt im Klassenzimmer überfordert. Seit Jahren schneiden Kinder mit Migrationshintergrund schlechter ab. Nur bei radikaler Änderung besteht Hoffnung auf Besserung.?
In deutschen Schulen treffen besonders viele migrantische Schüler mit besonders niedrigen Bildungsvoraussetzungen auf ein besonders veränderungsresistentes System. Mit dieser Szene begann vor 25 Jahren eine ZEIT-Reportage aus einer Schule in der Dortmunder Nordstadt. Die Überschrift lautete "Gefangen im Ghetto". Von katastrophalen Deutschkenntnissen ausländischer Jugendlicher war darin die Rede, von türkeistämmigen Eltern, die ihren Kindern nicht helfen können, und einer ratlosen Lehrerschaft. Und von einer Zahl: In absehbarer Zukunft würden 30 Prozent der Schüler aus Migrantenfamilien stammen.
Der Autor erhielt daraufhin einen Anruf aus dem Büro des damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau, der gerade eine große Rede zum Thema Integration vorbereitete: "Herr Spiewak, woher haben Sie diese Zahl?" Tatsächlich erschienen 30 Prozent damals absurd hoch. Die Bevölkerungsstatistik hatte noch nicht das Konstrukt des "Migrationshintergrundes" entdeckt. Deutschland glaubte noch, seine Schulen würden zu den besten der Welt gehören, und die Idee vom "Einwanderungsland" galt als linke Utopie. Aber die Zahl stimmte; eine Essener Pädagogikprofessorin hatte sie aus verschiedenen Quellen mühsam errechnet. Und so erschien sie im ersten Satz von Raus Rede.
25 Jahre später sind aus den bald 30 Prozent Kindern und Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte über 40 Prozent geworden. Doch was sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht verändert hat, ist die pädagogische Ratlosigkeit, das Verharren in alten Denkmustern, der niedrige Lernstand der migrantischen Schülerschaft.
Deutschland hat eine Wahl hinter sich mit Migration als dem alles beherrschenden Thema - und einer AfD als zweitstärkster Partei im neuen Bundestag. Das hat, an der Oberfläche, mit den Attentaten der vergangenen Monate zu tun, mit München, Aschaffenburg, Magdeburg, Solingen. Doch es gibt tiefer liegende Probleme, die von der Politik seit Langem ignoriert, Versäumnisse, die hingenommen, Überforderungen, die kleingeredet wurden. Denn dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, kann niemand mehr leugnen. Nur was daraus folgt, wollen Politik und Mehrheitsgesellschaft bis heute nicht verstehen.
Das gilt gerade in Bezug auf die deutschen Schulen, die sich gleich dreifach herausgefordert sehen. Hier treffen besonders viele migrantische Schüler mit besonders niedrigen Bildungsvoraussetzungen auf ein besonders veränderungsresistentes System. Die Folge: In keiner vergleichbaren Nation weltweit sind die Leistungsunterschiede zwischen zugewanderten und einheimischen Schülerinnen und Schülern so groß wie in Deutschland (siehe Grafiken oben).
Wir schaffen das? Die vergangenen 25 Jahre zeigen: So schaffen wir es nicht. Schulen zeigen sich überraschend immun gegenüber diesem Wandel. Von langen Gängen gehen immer noch meist karge Räume ab, der Lerntakt beträgt meist 45 oder 90 Minuten, die Unterrichtsfächer sind altbekannt. Eines aber ist heute definitiv anders als früher: die Schülerschaft. Da sitzt neben einer Ella ein Omar und Mihn neben Oleksandr. Auf dem Schulhof hört man Deutsch, aber ebenso Arabisch, Ukrainisch oder Türkisch. Und fragte man allein die vielen neuen syrienstämmigen Schüler nach ihrer Religion, könnte die Antwort sunnitisch, alevitisch, drusisch oder griechisch-katholisch lauten.
Nichts hat die deutsche Schule so verändert wie diese biografische, sprachliche und kulturelle Vielfalt. Von "Superdiversität" spricht der Bildungssoziologe Aladin El-Mafaalani. Sie ist das Resultat mehrerer Einwanderungswellen. In Deutschland lebt mit 20 Prozent ein größerer Anteil Eingewanderter als in jeder anderen Industrienation, mehr noch als in den USA (16 Prozent).
Dabei steigt die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund von einer Generation zur nächsten, bei den Kindern und Jugendlichen liegt sie mittlerweile bei 40 Prozent. Das bedeutet: In Kita und Schule sind wir das Einwanderungsland Nummer eins unter den OECD-Nationen. In seiner Rede konnte Johannes Rau damals die Zuhörer mit dem Hinweis verblüffen, an einigen deutschen Schulen würden "sogar 60 Prozent" der Kinder aus Zuwanderungsfamilien stammen. Heute ist das in Bremen, Frankfurt oder Stuttgart demografischer Durchschnitt. Und in nicht wenigen Klassenräumen gibt es nur noch eine Person, die keine ausländischen Wurzeln besitzt: die Lehrerin.
Und, wo liegt das Problem?, mögen viele fragen. Ein Kind, dessen Familie aus Aleppo, Odessa oder Temeswar stammt, ist doch nicht dümmer als eines aus Kiel oder Konstanz. Tatsächlich bringt ein Migrationshintergrund allein keinen Bildungsnachteil mit sich. Das haben Studien ein ums andere Mal belegt. Tatsächlich gibt es Flüchtlingskinder, die nach wenigen Jahren in Deutschland Abitur machen. Zudem ist die Migrationsgesellschaft sehr vielfältig. Die Tochter einer Arztfamilie aus Mumbai hat andere Startchancen als der Arbeitersohn aus Catania, ein iranischer Student andere als ein afghanischer Jugendlicher, der jahrelang in Flüchtlingslagern hauste.
Nur sind - und diese Erkenntnis der Bildungsforschung wiegt schwerer - nach Deutschland mehr Arbeiter- als Arztkinder gekommen. Schon früher verfügten Arbeitsmigranten, die nach Deutschland kamen (etwa aus der Türkei, Italien oder Jugoslawien), über eher niedrige Schulabschlüsse; in den vergangenen Jahren ist das Bildungsniveau der Zuwanderer weiter gesunken. Das zeigt eine OECD-Studie aus dem vergangenen Jahr. Danach haben mehr als ein Fünftel in ihrer Heimat nur die Grundschule besucht. Von den Niederlanden abgesehen, ist das der schlechteste Wert aller Industrieländer.
Eine andere interessante Untersuchung hat kürzlich das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) zum Bildungsstand von "Müttern mit Zuwanderungsgeschichte" veröffentlicht. Mütter sind deshalb wichtig, weil sie den größten Einfluss auf die Bildung ihrer Kinder haben, mehr als Väter und deutlich mehr als jeder Lehrer. Laut der Studie haben 38 Prozent der migrantischen Mütter einen niedrigen oder gar keinen Bildungsabschluss - das sind viermal so viele wie in der Gruppe der Mütter ohne Zuwanderungsgeschichte.
Bekannt sei zwar, dass Eltern mit Migrationshintergrund oft hohe Ambitionen für ihre Kinder haben, sagt BiB-Leiterin Katharina Spieß. Konkret können sie ihren Nachwuchs aber weniger unterstützen. Weil ihnen das Wissen über das deutsche Bildungssystem fehlt, weil der Alltag sie stärker belastet als herkunftsdeutsche Mütter, weil sie selbst kein Deutsch sprechen.
Sprache aber ist - um einen schiefen Spruch von Horst Seehofer (Migration sei die "Mutter aller politischen Probleme") zurechtzurücken - die Mutter aller Integration. Auch hier ist der Trend besorgniserregend: Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die zu Hause nicht Deutsch sprechen, ist in den letzten 15 Jahren stetig gestiegen. Und zwar nicht nur wegen der hohen Zahlen von Geflüchteten; auch migrantische Schüler, die hierzulande geboren sind, sprechen mit ihren Eltern heute seltener Deutsch als frühere Generationen.
Die Politik ignoriert diese Entwicklungen bis heute. Dabei reicht die Realitätsverweigerung über das gesamte politische Spektrum, von rechts bis links. Während die einen insgeheim noch hoffen, dass die Einwanderer zurückgehen oder irgendwie unsichtbar werden, versteifen sich die anderen auf die Behauptung, Migration sei eine reine Bereicherung.
Noch einmal: Zuwanderung stellt für ein Bildungssystem nicht per se ein Problem dar. Wenn die Wirklichkeit in vielen Klassen aber so aussieht, dann schon: Von 30 Jugendlichen aus zehn verschiedenen Nationen und Kulturen spricht die Hälfte schlecht Deutsch, ein Drittel hat mit Armut zu kämpfen, und ein halbes Dutzend leidet unter Traumata aus Fluchterfahrungen oder wegen eines unsicheren Aufenthaltsstatus. Wenn Zuwanderung so daherkommt, dann ist sie eine große Herausforderung, für unser Bildungssystem zurzeit die größte.
Einer hat das vorhergesehen, und zwar bereits 2011. Zehn Jahre nach dem ersten Pisa-Schock hatte Deutschland eine bemerkenswerte Aufholjagd hingelegt und seine Bildungsergebnisse verbessert. Da veröffentlichte der Bildungsforscher Jürgen Baumert eine Studie mit dem vielsagenden Titel Herkunft und Bildung. Darin warnte er, dass der Bevölkerungstrend die pädagogischen Fortschritte gefährden werde. Der Grund: "Der stetig steigende Anteil der Zuwandererkinder, die aus sozial schwächeren Verhältnissen stammen." Genau so kam es, und zwar über die gesamte Bildungskette.
Im jüngsten Grundschulvergleich erreichen Einwandererkinder im Lesen im Schnitt 100 Leistungspunkte weniger als Schüler ohne Migrationshintergrund - ein Rückstand, den späterer Unterricht kaum ausgleichen kann. Bei den jüngsten internationalen Studien landeten Schüler mit Migrationshintergrund aus Deutschland in allen Fächern auf einem der hintersten Plätze, oft auf dem letzten. Die Zahl junger Menschen ohne Schulabschluss ist doppelt so hoch wie 2013, drei Viertel von ihnen haben Migrationshintergrund.
In einer Studie mit Erwachsenen zeigen im Ausland geborene Menschen in fast allen Nationen geringere Kompetenzen als Einheimische. Doch nirgendwo ist die Kluft so ausgeprägt wie hierzulande. "Die Unterschiede zwischen Zuwanderern und Einheimischen waren schon vor zehn Jahren da. Nun haben sie sich noch einmal verdoppelt", sagt die Studienleiterin Beatrice Rammstedt.
Die Wissenschaft hält auch ermutigende Erkenntnisse parat. So ist die Zahl der Bildungsaufsteiger (besserer Schulabschluss als Mutter und Vater) unter jungen Migranten im Schnitt höher als unter jungen Deutschen. Zugespitzt formuliert bedeutet das: Die deutsche Urbevölkerung wird nicht mehr sehr viel schlauer, das größte Bildungspotenzial schlummert unter den Neubürgern.
Der kalte Blick auf die Zahlen offenbart: Das deutsche Bildungsproblem ist in großen Teilen ein Migrationsproblem. Man kann den Satz aber auch umdrehen: Das größte Problem der Migranten ist das deutsche Bildungssystem. Denn auf den grundlegenden demografischen Wandel reagierten die Schulen und Kitas nur spät, widerwillig und ohne größeren Plan - als müsse sich nichts Entscheidendes ändern. "Beschämend", nannte Karin Prien, christdemokratische Kultusministerin in Schleswig-Holstein, rückblickend das Erreichte der vergangenen Jahrzehnte. Eine grüne oder sozialdemokratische Kollegin müsste dieselbe Bilanz ziehen.
Dabei fehlte es nicht an "Maßnahmen", "Reformen" oder "Projekten". Jeder der genau 101 Minister und Ministerinnen, die in Bund und Ländern in den vergangenen 25 Jahren für das Thema zuständig waren, kann auf sie verweisen: 500.000 neue Kitaplätze wurden geschaffen, es gibt Lesepaten und Willkommensklassen, die Zahl der Grundschüler, die in einer Ganztagsschule lernen, hat sich seit 2001 verzehnfacht. Kein Geld für Bildung? Auch das stimmt so nicht: Die öffentlichen Bildungsausgaben haben sich im Zeitraum zwischen 2005 und 2023 inflationsbereinigt mehr als verdoppelt.
Doch es hat nicht gereicht - nicht annähernd. Weil die Förderprogramme kaum den Kern der Pädagogik, sprich den Unterricht erreichten. Weil viele Initiativen die Ministerwechsel nicht überlebten. Weil der deutsche Föderalismus nationale Probleme nur provinziell beantwortet. Weil in unserem Bildungssystem, anders als allseits behauptet, eben nicht der einzelne Schüler im Mittelpunkt steht, sondern der Erhalt des Systems.
Konkret sieht das so aus: Die gezielte Sprachförderung endet in der Regel nach den ersten vier Schuljahren - und selbst in der Grundschule wird die Hälfte der Schüler mit Migrationshintergrund nur einmal im Monat unterstützt oder gar nicht. Der Ganztag bleibt ohne Lernwirkung, wenn Unterricht und Freizeit nicht ineinandergreifen. In Bastelgruppen oder Fußball-AGs am Nachmittag lassen sich Schüler zwar beschäftigen (und Eltern entlasten). Fehlende Lesefähigkeiten kompensieren solche Aktivitäten aber kaum. Und fast zwanzig Jahre benötigten die Kultusminister nach dem ersten Pisa-Schock, bis sie sich auf ein nationales Leseprogramm geeinigt hatten.
Eigentlich gilt hierzulande: Wer es besonders schwer hat, bekommt mehr Hilfe vom Staat. In der Bildungspolitik geschieht bis heute de facto das Gegenteil. Danach leiden Schulen mit vielen Kindern aus benachteiligten (migrantischen) Familien stärker unter dem Lehrermangel als solche mit bürgerlicher Klientel. Entsprechend häufiger fällt bei ihnen der Unterricht aus. Erst im vergangenen Jahr konnten sich Länder und Bund zu einem Systemwandel durchringen: Im Startchancen-Programm bekommen sogenannte Brennpunktschulen nun gezielt zusätzliche Mittel.
Und dann erst das Drama um die frühkindliche Bildung. Im Archiv der Kultusministerkonferenz (Ablagedatum 6.?12.?2001) findet sich als zentrale Forderung nach Pisa die "Verbesserung der Sprachkompetenz im vorschulischen Bereich". Doch bis heute funktioniert ausgerechnet in Kitas mit vielen Einwandererkindern die Sprachförderung besonders schlecht; das ergab eine Expertise des Bundesfamilienministeriums. Und gerade Migranteneltern finden schwerer einen Kitaplatz als einheimische Familien. Tatsächlich sollte es umgekehrt sein, doch eine syrische Mutter schaltet eben keinen Anwalt ein, wenn der Staat die Garantie auf Betreuung nicht einlöst.
Die Liste der Versäumnisse lässt sich verlängern. Bis heute haben unsere Schulen große Probleme damit, begabte migrantische Schüler auf das Gymnasium zu bringen - während sie gut darin sind, lernschwachen Söhnen und Töchtern aus dem Bürgertum den Weg zum Abitur zu ebnen. Bis heute gibt es kaum Schulen mit islamischem Religionsunterricht, und nur selten kann man Türkisch oder Arabisch als Leistungskurs wählen. Wer in Deutschland aufwächst, muss unsere Geschichte kennen. Aber gehört neben Karl dem Großen mittlerweile vielleicht auch Atatürk dazu? Die deutschen Schulminister pflegen gerade jetzt intensiv die Verbindung zur jüdischen Community. Doch wo haben die Traumata einen Platz, die Schüler mit palästinensischen Wurzeln gerade erleiden?
All diese Beispiele zeigen: Im Kern ist die deutsche Schule ziemlich weiß, mittelschichtig, eben im traditionellen Sinne deutsch geblieben. Sie erwartet auch weiterhin Schüler, die von zu Hause mitbringen, was sie im Unterricht benötigen: Sprachkenntnisse, Lernmotivation, Selbstregulation. Das jedoch erweist sich in immer mehr Fällen als Illusion (auch bei einheimischen Kindern). Die Schule kann nicht ausgleichen, was in den Familien verpasst wird! Diesen Satz hört man immer wieder. Nur wer soll es sonst tun?
Bildungsungerechtigkeit ist keine deutsche Spezialität: Im Vorzeigeland Finnland etwa stehen Schüler mit Zuwanderungsgeschichte kaum besser da, ihre Zahl ist aber deutlich geringer. Dass zugewanderte Schüler schlecht abschneiden, liegt auch nicht vorrangig an einem spezifischen "institutionellen Rassismus", wie einige Migrationsforscher behaupten, sondern an den schlechten Lernvoraussetzungen der Schüler.
Niemand sollte Bildungswunder erwarten. Schulen in Berlin-Zehlendorf oder Hamburg-Blankenese werden im Schnitt immer bessere Leistungen erbringen als solche in Neukölln oder Wilhelmsburg - selbst wenn dort in jeder Klasse drei Lehrkräfte unterrichten, man die Zahl der Sozialarbeiter verdoppelt und die Etats verdreifacht. Erwarten darf man jedoch etwas anderes: dass jedes Kind ausreichend lesen, schreiben und rechnen lernt, um später nicht vom Staat leben zu müssen und an der Gesellschaft teilhaben zu können.
Dafür braucht es vor allem eine durchgängige Förderung der deutschen Sprache, und zwar angefangen in der Kita. Sie muss der erste Ort sein, wo Kinder strukturiert Deutsch lernen, um "schulreif" zu werden.
In der Schule dann helfen auch unkonventionelle Methoden. In Hamburg lesen Grundschüler in vielen Schulen jeden Tag mindestens eine halbe Stunde gemeinsam: laut im Chor, im Tandem, allein, still vor sich hin. Alles, damit sie flüssiger lesen lernen. Das mag man altmodisch finden, aber es funktioniert. In keinem anderen Bundesland haben sich die Schulleistungen - gerade im Lesen - so verbessert wie in der Hansestadt.
Viele Bundesländer eifern Hamburg nun nach. Ohnehin gibt es neuerdings Hoffnung auf mehr Gemeinsamkeiten in der Bildungspolitik. In einer partei- und länderübergreifenden Initiative haben sich die Bildungsministerinnen aus Baden-Württemberg (Grüne), Rheinland-Pfalz (SPD) und Schleswig-Holstein (CDU) - mitten im Wahlkampf! - auf gemeinsame schulpolitische Ziele verständigt. Ein zentrales Ziel ist dabei, die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Mindestanforderungen in Deutsch und Mathematik nicht erreichen, zu halbieren.
Dieses Bildungsminimum ist die Schule nicht nur den Einwanderern schuldig, die hier aufwachsen, sondern auch dem deutschen Arbeitsmarkt, der deutschen Rentenkasse, der gesamten Gesellschaft, deren Zukunft diese Kinder sind. Wie diese Zukunft aussieht, zeigt die Statistik der Jüngsten. Bei den unter Sechsjährigen stammen 43 Prozent der Kinder aus eingewanderten oder geflüchteten Familien. Auch diese Zahl wird weiter wachsen.
Sie können gerne per Mail an globalnote40@gmail.com antworten.
Blog 1268 07-03-25: Bildung und Migration: Schaffen wir das?
Bildung und Migration: Schaffen wir das? So nicht! Unser Schulsystem ist mit der Vielfalt im Klassenzimmer überfordert. Seit Jahren schneiden Kinder mit Migrationshintergrund schlechter ab. Nur bei radikaler Änderung besteht Hoffnung auf Besserung.?
In deutschen Schulen treffen besonders viele migrantische Schüler mit besonders niedrigen Bildungsvoraussetzungen auf ein besonders veränderungsresistentes System. Mit dieser Szene begann vor 25 Jahren eine ZEIT-Reportage aus einer Schule in der Dortmunder Nordstadt. Die Überschrift lautete "Gefangen im Ghetto". Von katastrophalen Deutschkenntnissen ausländischer Jugendlicher war darin die Rede, von türkeistämmigen Eltern, die ihren Kindern nicht helfen können, und einer ratlosen Lehrerschaft. Und von einer Zahl: In absehbarer Zukunft würden 30 Prozent der Schüler aus Migrantenfamilien stammen.
Der Autor erhielt daraufhin einen Anruf aus dem Büro des damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau, der gerade eine große Rede zum Thema Integration vorbereitete: "Herr Spiewak, woher haben Sie diese Zahl?" Tatsächlich erschienen 30 Prozent damals absurd hoch. Die Bevölkerungsstatistik hatte noch nicht das Konstrukt des "Migrationshintergrundes" entdeckt. Deutschland glaubte noch, seine Schulen würden zu den besten der Welt gehören, und die Idee vom "Einwanderungsland" galt als linke Utopie. Aber die Zahl stimmte; eine Essener Pädagogikprofessorin hatte sie aus verschiedenen Quellen mühsam errechnet. Und so erschien sie im ersten Satz von Raus Rede.
25 Jahre später sind aus den bald 30 Prozent Kindern und Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte über 40 Prozent geworden. Doch was sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht verändert hat, ist die pädagogische Ratlosigkeit, das Verharren in alten Denkmustern, der niedrige Lernstand der migrantischen Schülerschaft.
Deutschland hat eine Wahl hinter sich mit Migration als dem alles beherrschenden Thema - und einer AfD als zweitstärkster Partei im neuen Bundestag. Das hat, an der Oberfläche, mit den Attentaten der vergangenen Monate zu tun, mit München, Aschaffenburg, Magdeburg, Solingen. Doch es gibt tiefer liegende Probleme, die von der Politik seit Langem ignoriert, Versäumnisse, die hingenommen, Überforderungen, die kleingeredet wurden. Denn dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, kann niemand mehr leugnen. Nur was daraus folgt, wollen Politik und Mehrheitsgesellschaft bis heute nicht verstehen.
Das gilt gerade in Bezug auf die deutschen Schulen, die sich gleich dreifach herausgefordert sehen. Hier treffen besonders viele migrantische Schüler mit besonders niedrigen Bildungsvoraussetzungen auf ein besonders veränderungsresistentes System. Die Folge: In keiner vergleichbaren Nation weltweit sind die Leistungsunterschiede zwischen zugewanderten und einheimischen Schülerinnen und Schülern so groß wie in Deutschland (siehe Grafiken oben).
Wir schaffen das? Die vergangenen 25 Jahre zeigen: So schaffen wir es nicht. Schulen zeigen sich überraschend immun gegenüber diesem Wandel. Von langen Gängen gehen immer noch meist karge Räume ab, der Lerntakt beträgt meist 45 oder 90 Minuten, die Unterrichtsfächer sind altbekannt. Eines aber ist heute definitiv anders als früher: die Schülerschaft. Da sitzt neben einer Ella ein Omar und Mihn neben Oleksandr. Auf dem Schulhof hört man Deutsch, aber ebenso Arabisch, Ukrainisch oder Türkisch. Und fragte man allein die vielen neuen syrienstämmigen Schüler nach ihrer Religion, könnte die Antwort sunnitisch, alevitisch, drusisch oder griechisch-katholisch lauten.
Nichts hat die deutsche Schule so verändert wie diese biografische, sprachliche und kulturelle Vielfalt. Von "Superdiversität" spricht der Bildungssoziologe Aladin El-Mafaalani. Sie ist das Resultat mehrerer Einwanderungswellen. In Deutschland lebt mit 20 Prozent ein größerer Anteil Eingewanderter als in jeder anderen Industrienation, mehr noch als in den USA (16 Prozent).
Dabei steigt die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund von einer Generation zur nächsten, bei den Kindern und Jugendlichen liegt sie mittlerweile bei 40 Prozent. Das bedeutet: In Kita und Schule sind wir das Einwanderungsland Nummer eins unter den OECD-Nationen. In seiner Rede konnte Johannes Rau damals die Zuhörer mit dem Hinweis verblüffen, an einigen deutschen Schulen würden "sogar 60 Prozent" der Kinder aus Zuwanderungsfamilien stammen. Heute ist das in Bremen, Frankfurt oder Stuttgart demografischer Durchschnitt. Und in nicht wenigen Klassenräumen gibt es nur noch eine Person, die keine ausländischen Wurzeln besitzt: die Lehrerin.
Und, wo liegt das Problem?, mögen viele fragen. Ein Kind, dessen Familie aus Aleppo, Odessa oder Temeswar stammt, ist doch nicht dümmer als eines aus Kiel oder Konstanz. Tatsächlich bringt ein Migrationshintergrund allein keinen Bildungsnachteil mit sich. Das haben Studien ein ums andere Mal belegt. Tatsächlich gibt es Flüchtlingskinder, die nach wenigen Jahren in Deutschland Abitur machen. Zudem ist die Migrationsgesellschaft sehr vielfältig. Die Tochter einer Arztfamilie aus Mumbai hat andere Startchancen als der Arbeitersohn aus Catania, ein iranischer Student andere als ein afghanischer Jugendlicher, der jahrelang in Flüchtlingslagern hauste.
Nur sind - und diese Erkenntnis der Bildungsforschung wiegt schwerer - nach Deutschland mehr Arbeiter- als Arztkinder gekommen. Schon früher verfügten Arbeitsmigranten, die nach Deutschland kamen (etwa aus der Türkei, Italien oder Jugoslawien), über eher niedrige Schulabschlüsse; in den vergangenen Jahren ist das Bildungsniveau der Zuwanderer weiter gesunken. Das zeigt eine OECD-Studie aus dem vergangenen Jahr. Danach haben mehr als ein Fünftel in ihrer Heimat nur die Grundschule besucht. Von den Niederlanden abgesehen, ist das der schlechteste Wert aller Industrieländer.
Eine andere interessante Untersuchung hat kürzlich das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) zum Bildungsstand von "Müttern mit Zuwanderungsgeschichte" veröffentlicht. Mütter sind deshalb wichtig, weil sie den größten Einfluss auf die Bildung ihrer Kinder haben, mehr als Väter und deutlich mehr als jeder Lehrer. Laut der Studie haben 38 Prozent der migrantischen Mütter einen niedrigen oder gar keinen Bildungsabschluss - das sind viermal so viele wie in der Gruppe der Mütter ohne Zuwanderungsgeschichte.
Bekannt sei zwar, dass Eltern mit Migrationshintergrund oft hohe Ambitionen für ihre Kinder haben, sagt BiB-Leiterin Katharina Spieß. Konkret können sie ihren Nachwuchs aber weniger unterstützen. Weil ihnen das Wissen über das deutsche Bildungssystem fehlt, weil der Alltag sie stärker belastet als herkunftsdeutsche Mütter, weil sie selbst kein Deutsch sprechen.
Sprache aber ist - um einen schiefen Spruch von Horst Seehofer (Migration sei die "Mutter aller politischen Probleme") zurechtzurücken - die Mutter aller Integration. Auch hier ist der Trend besorgniserregend: Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die zu Hause nicht Deutsch sprechen, ist in den letzten 15 Jahren stetig gestiegen. Und zwar nicht nur wegen der hohen Zahlen von Geflüchteten; auch migrantische Schüler, die hierzulande geboren sind, sprechen mit ihren Eltern heute seltener Deutsch als frühere Generationen.
Die Politik ignoriert diese Entwicklungen bis heute. Dabei reicht die Realitätsverweigerung über das gesamte politische Spektrum, von rechts bis links. Während die einen insgeheim noch hoffen, dass die Einwanderer zurückgehen oder irgendwie unsichtbar werden, versteifen sich die anderen auf die Behauptung, Migration sei eine reine Bereicherung.
Noch einmal: Zuwanderung stellt für ein Bildungssystem nicht per se ein Problem dar. Wenn die Wirklichkeit in vielen Klassen aber so aussieht, dann schon: Von 30 Jugendlichen aus zehn verschiedenen Nationen und Kulturen spricht die Hälfte schlecht Deutsch, ein Drittel hat mit Armut zu kämpfen, und ein halbes Dutzend leidet unter Traumata aus Fluchterfahrungen oder wegen eines unsicheren Aufenthaltsstatus. Wenn Zuwanderung so daherkommt, dann ist sie eine große Herausforderung, für unser Bildungssystem zurzeit die größte.
Einer hat das vorhergesehen, und zwar bereits 2011. Zehn Jahre nach dem ersten Pisa-Schock hatte Deutschland eine bemerkenswerte Aufholjagd hingelegt und seine Bildungsergebnisse verbessert. Da veröffentlichte der Bildungsforscher Jürgen Baumert eine Studie mit dem vielsagenden Titel Herkunft und Bildung. Darin warnte er, dass der Bevölkerungstrend die pädagogischen Fortschritte gefährden werde. Der Grund: "Der stetig steigende Anteil der Zuwandererkinder, die aus sozial schwächeren Verhältnissen stammen." Genau so kam es, und zwar über die gesamte Bildungskette.
Im jüngsten Grundschulvergleich erreichen Einwandererkinder im Lesen im Schnitt 100 Leistungspunkte weniger als Schüler ohne Migrationshintergrund - ein Rückstand, den späterer Unterricht kaum ausgleichen kann. Bei den jüngsten internationalen Studien landeten Schüler mit Migrationshintergrund aus Deutschland in allen Fächern auf einem der hintersten Plätze, oft auf dem letzten. Die Zahl junger Menschen ohne Schulabschluss ist doppelt so hoch wie 2013, drei Viertel von ihnen haben Migrationshintergrund.
In einer Studie mit Erwachsenen zeigen im Ausland geborene Menschen in fast allen Nationen geringere Kompetenzen als Einheimische. Doch nirgendwo ist die Kluft so ausgeprägt wie hierzulande. "Die Unterschiede zwischen Zuwanderern und Einheimischen waren schon vor zehn Jahren da. Nun haben sie sich noch einmal verdoppelt", sagt die Studienleiterin Beatrice Rammstedt.
Die Wissenschaft hält auch ermutigende Erkenntnisse parat. So ist die Zahl der Bildungsaufsteiger (besserer Schulabschluss als Mutter und Vater) unter jungen Migranten im Schnitt höher als unter jungen Deutschen. Zugespitzt formuliert bedeutet das: Die deutsche Urbevölkerung wird nicht mehr sehr viel schlauer, das größte Bildungspotenzial schlummert unter den Neubürgern.
Der kalte Blick auf die Zahlen offenbart: Das deutsche Bildungsproblem ist in großen Teilen ein Migrationsproblem. Man kann den Satz aber auch umdrehen: Das größte Problem der Migranten ist das deutsche Bildungssystem. Denn auf den grundlegenden demografischen Wandel reagierten die Schulen und Kitas nur spät, widerwillig und ohne größeren Plan - als müsse sich nichts Entscheidendes ändern. "Beschämend", nannte Karin Prien, christdemokratische Kultusministerin in Schleswig-Holstein, rückblickend das Erreichte der vergangenen Jahrzehnte. Eine grüne oder sozialdemokratische Kollegin müsste dieselbe Bilanz ziehen.
Dabei fehlte es nicht an "Maßnahmen", "Reformen" oder "Projekten". Jeder der genau 101 Minister und Ministerinnen, die in Bund und Ländern in den vergangenen 25 Jahren für das Thema zuständig waren, kann auf sie verweisen: 500.000 neue Kitaplätze wurden geschaffen, es gibt Lesepaten und Willkommensklassen, die Zahl der Grundschüler, die in einer Ganztagsschule lernen, hat sich seit 2001 verzehnfacht. Kein Geld für Bildung? Auch das stimmt so nicht: Die öffentlichen Bildungsausgaben haben sich im Zeitraum zwischen 2005 und 2023 inflationsbereinigt mehr als verdoppelt.
Doch es hat nicht gereicht - nicht annähernd. Weil die Förderprogramme kaum den Kern der Pädagogik, sprich den Unterricht erreichten. Weil viele Initiativen die Ministerwechsel nicht überlebten. Weil der deutsche Föderalismus nationale Probleme nur provinziell beantwortet. Weil in unserem Bildungssystem, anders als allseits behauptet, eben nicht der einzelne Schüler im Mittelpunkt steht, sondern der Erhalt des Systems.
Konkret sieht das so aus: Die gezielte Sprachförderung endet in der Regel nach den ersten vier Schuljahren - und selbst in der Grundschule wird die Hälfte der Schüler mit Migrationshintergrund nur einmal im Monat unterstützt oder gar nicht. Der Ganztag bleibt ohne Lernwirkung, wenn Unterricht und Freizeit nicht ineinandergreifen. In Bastelgruppen oder Fußball-AGs am Nachmittag lassen sich Schüler zwar beschäftigen (und Eltern entlasten). Fehlende Lesefähigkeiten kompensieren solche Aktivitäten aber kaum. Und fast zwanzig Jahre benötigten die Kultusminister nach dem ersten Pisa-Schock, bis sie sich auf ein nationales Leseprogramm geeinigt hatten.
Eigentlich gilt hierzulande: Wer es besonders schwer hat, bekommt mehr Hilfe vom Staat. In der Bildungspolitik geschieht bis heute de facto das Gegenteil. Danach leiden Schulen mit vielen Kindern aus benachteiligten (migrantischen) Familien stärker unter dem Lehrermangel als solche mit bürgerlicher Klientel. Entsprechend häufiger fällt bei ihnen der Unterricht aus. Erst im vergangenen Jahr konnten sich Länder und Bund zu einem Systemwandel durchringen: Im Startchancen-Programm bekommen sogenannte Brennpunktschulen nun gezielt zusätzliche Mittel.
Und dann erst das Drama um die frühkindliche Bildung. Im Archiv der Kultusministerkonferenz (Ablagedatum 6.?12.?2001) findet sich als zentrale Forderung nach Pisa die "Verbesserung der Sprachkompetenz im vorschulischen Bereich". Doch bis heute funktioniert ausgerechnet in Kitas mit vielen Einwandererkindern die Sprachförderung besonders schlecht; das ergab eine Expertise des Bundesfamilienministeriums. Und gerade Migranteneltern finden schwerer einen Kitaplatz als einheimische Familien. Tatsächlich sollte es umgekehrt sein, doch eine syrische Mutter schaltet eben keinen Anwalt ein, wenn der Staat die Garantie auf Betreuung nicht einlöst.
Die Liste der Versäumnisse lässt sich verlängern. Bis heute haben unsere Schulen große Probleme damit, begabte migrantische Schüler auf das Gymnasium zu bringen - während sie gut darin sind, lernschwachen Söhnen und Töchtern aus dem Bürgertum den Weg zum Abitur zu ebnen. Bis heute gibt es kaum Schulen mit islamischem Religionsunterricht, und nur selten kann man Türkisch oder Arabisch als Leistungskurs wählen. Wer in Deutschland aufwächst, muss unsere Geschichte kennen. Aber gehört neben Karl dem Großen mittlerweile vielleicht auch Atatürk dazu? Die deutschen Schulminister pflegen gerade jetzt intensiv die Verbindung zur jüdischen Community. Doch wo haben die Traumata einen Platz, die Schüler mit palästinensischen Wurzeln gerade erleiden?
All diese Beispiele zeigen: Im Kern ist die deutsche Schule ziemlich weiß, mittelschichtig, eben im traditionellen Sinne deutsch geblieben. Sie erwartet auch weiterhin Schüler, die von zu Hause mitbringen, was sie im Unterricht benötigen: Sprachkenntnisse, Lernmotivation, Selbstregulation. Das jedoch erweist sich in immer mehr Fällen als Illusion (auch bei einheimischen Kindern). Die Schule kann nicht ausgleichen, was in den Familien verpasst wird! Diesen Satz hört man immer wieder. Nur wer soll es sonst tun?
Bildungsungerechtigkeit ist keine deutsche Spezialität: Im Vorzeigeland Finnland etwa stehen Schüler mit Zuwanderungsgeschichte kaum besser da, ihre Zahl ist aber deutlich geringer. Dass zugewanderte Schüler schlecht abschneiden, liegt auch nicht vorrangig an einem spezifischen "institutionellen Rassismus", wie einige Migrationsforscher behaupten, sondern an den schlechten Lernvoraussetzungen der Schüler.
Niemand sollte Bildungswunder erwarten. Schulen in Berlin-Zehlendorf oder Hamburg-Blankenese werden im Schnitt immer bessere Leistungen erbringen als solche in Neukölln oder Wilhelmsburg - selbst wenn dort in jeder Klasse drei Lehrkräfte unterrichten, man die Zahl der Sozialarbeiter verdoppelt und die Etats verdreifacht. Erwarten darf man jedoch etwas anderes: dass jedes Kind ausreichend lesen, schreiben und rechnen lernt, um später nicht vom Staat leben zu müssen und an der Gesellschaft teilhaben zu können.
Dafür braucht es vor allem eine durchgängige Förderung der deutschen Sprache, und zwar angefangen in der Kita. Sie muss der erste Ort sein, wo Kinder strukturiert Deutsch lernen, um "schulreif" zu werden.
In der Schule dann helfen auch unkonventionelle Methoden. In Hamburg lesen Grundschüler in vielen Schulen jeden Tag mindestens eine halbe Stunde gemeinsam: laut im Chor, im Tandem, allein, still vor sich hin. Alles, damit sie flüssiger lesen lernen. Das mag man altmodisch finden, aber es funktioniert. In keinem anderen Bundesland haben sich die Schulleistungen - gerade im Lesen - so verbessert wie in der Hansestadt.
Viele Bundesländer eifern Hamburg nun nach. Ohnehin gibt es neuerdings Hoffnung auf mehr Gemeinsamkeiten in der Bildungspolitik. In einer partei- und länderübergreifenden Initiative haben sich die Bildungsministerinnen aus Baden-Württemberg (Grüne), Rheinland-Pfalz (SPD) und Schleswig-Holstein (CDU) - mitten im Wahlkampf! - auf gemeinsame schulpolitische Ziele verständigt. Ein zentrales Ziel ist dabei, die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Mindestanforderungen in Deutsch und Mathematik nicht erreichen, zu halbieren.
Dieses Bildungsminimum ist die Schule nicht nur den Einwanderern schuldig, die hier aufwachsen, sondern auch dem deutschen Arbeitsmarkt, der deutschen Rentenkasse, der gesamten Gesellschaft, deren Zukunft diese Kinder sind. Wie diese Zukunft aussieht, zeigt die Statistik der Jüngsten. Bei den unter Sechsjährigen stammen 43 Prozent der Kinder aus eingewanderten oder geflüchteten Familien. Auch diese Zahl wird weiter wachsen.
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Blog 1267 07-03-25: Ver.di, die keine Dienste leistende Gewerkschaft
Ver.di nennt sich "Dienstleistungsgewerkschaft". Doch diese Bezeichnung ist grob irreführend. Wenn ver.di Dienste leistet, ist das nur für ihre Mitglieder. Für die Öffentlichkeit ist sie meist das Gegenteil davon, nämlich eine Gewerkschaft, die streikt, statt Dienste zu leisten. Jetzt wieder an deutschen Flughäfen. So muß der Berliner Flughafen BER seinen Betrieb am Montag ganz einstellen.
Ver.di hatte zuvor angekündigt, ihre Warnstreiks am Montag auf die größeren deutschen Flughäfen auszuweiten. Aufgerufen sind die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und der Bodenverkehrsdienste an den Flughäfen München, Stuttgart, Frankfurt, Köln/Bonn, Düsseldorf, Dortmund, Hannover, Bremen, Hamburg, Berlin Brandenburg und Leipzig-Halle. In der laufenden Tarifrunde wurden bereits die Flughäfen in Köln, Düsseldorf, Hamburg und München bestreikt, wo es jeweils zu zahlreichen Flugausfällen gekommen war.
Ver.di fordert eine total unangemessene Tariferhöhung im Volumen von 8 %, also weit über der Inflationsrate von 2,3 %. Das ist nichts anderes als eine willkürliche Selbstbereicherung ihrer Mitglieder zu Lasten der Gesellschaft.
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Blog 1266 07-03-25: Europäische Zentralbank senkt erneut Leitzins
Zum sechsten Mal seit Mitte des vergangenen Jahres senkt die EZB den Leitzins. Künftig liegt der Einlagenzins bei 2,5 Prozent (Abb. 25784). Die Bekämpfung der Inflation kommt laut der EZB gut voran.
Die Europäische Zentralbank (EZB) senkt ihre drei Leitzinssätze erneut um jeweils 0,25 Prozentpunkte. Der zentrale Leitzins - der Einlagenzins, zu dem Geschäftsbanken Geld bei der EZB anlegen - liegt so zukünftig bei 2,5 Prozent, wie die Bank nach der Sitzung des EZB-Rates in Frankfurt am Main mitteilte. Es ist bereits die sechste Leitzinssenkung seit vergangenem Sommer und die fünfte in Folge.
Die EZB hatte im vergangenen Juni erstmals die Leitzinsen gesenkt. Nach einer Zinspause im Juli folgten im September, Oktober, Dezember und Januar weitere Senkungen. Bis Oktober 2023 hatte die EZB die Leitzinsen als Reaktion auf die hohe Inflation schrittweise angehoben. Die Bekämpfung der Inflation komme gut voran, begründete die EZB die jüngste Zinsentscheidung. Niedrigere Zinsen helfen der schwächelnden Konjunktur im Euroraum, weil Kredite dann tendenziell günstiger werden.
Für Sparerinnen und Sparer hingegen ist die erneute Leitzinssenkung keine gute Nachricht: Bekommen Geschäftsbanken weniger Zinsen für Geld, das sie bei der EZB parken, senken sie meist die Tages- und Festgeldzinsen für ihre Kundschaft. Auf die Bauzinsen dürfte die erneute Leitzinssenkung hingegen keinen Einfluss haben, der Zinsschritt ist Experten zufolge schon eingepreist. Die Tagesgeldzinsen in Deutschland sind seit Frühjahr vergangenen Jahres kontinuierlich gesunken. Im Februar brachten bundesweit verfügbare Angebote im Schnitt 1,48 Prozent (nach 1,56 Prozent im Januar), wie eine Auswertung des Vergleichsportals Verivox zeigt. Dies sei der stärkste Rückgang innerhalb eines Monats seit Juli 2012.
Volkswirte erwarten, dass die EZB den Einlagenzins bis Sommer noch etwas weiter heruntersetzen wird. Denn Handelskonflikte mit den USA könnten die Wirtschaft im Euroraum zusätzlich unter Druck setzen.
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Blog 1265 07-03-25: Die USA gelten nach ARD-Deutschlandtrend ganz überwiegend nicht mehr als vertrauenswürdigen
Partner
Nur noch jeder sechste Deutsche hält die USA für einen vertrauenswürdigen Partner. Im ARD-Deutschlandtrend gaben dies nur noch 16 Prozent der Befragten und damit 38 Prozentpunkte weniger an als noch im Oktober vergangenen Jahres. Drei Viertel (75 Prozent) sind demnach der Meinung, Deutschland könne den USA nicht vertrauen. Damit liegt das Vertrauen der Deutschen in die USA noch niedriger als zu Donald Trumps erster Amtszeit zwischen 2017 und 2021 - damals lag es zwischen 19 Prozent (August 2019) und 29 Prozent (April 2017).
Das größte Vertrauen gegenüber anderen Staaten genießt weiterhin Frankreich. 85 Prozent sehen das Nachbarland als vertrauenswürdigen Partner an. 78 Prozent sehen auch in Großbritannien einen vertrauenswürdigen Partner, über die Ukraine sagen das 44 Prozent. Russland ist für zehn Prozent der Deutschen vertrauenswürdig, 83 Prozent sehen das nicht so.
Das Institut Infratest dimap befragte 1325 Wahlberechtigte am Dienstag und Mittwoch dieser Woche. Die Fehlertoleranz wird mit zwei bis drei Prozentpunkten angegeben.
Sie können gerne per Mail an globalnote40@gmail.com antworten.
Blog 1264 06-03-25: Psychische Erkrankung: Erneut mehr Menschen wegen Depressionen im Krankenhaus
Die Zahl der Krankenhausaufenthalte wegen Depressionen ist 2023 erneut angestiegen. Nach der dritten Zunahme in Folge entspricht sie fast dem Vor-Corona-Niveau. Im Jahr 2023 sind erneut mehr Menschen wegen Depressionen stationär im Krankenhaus behandelt worden. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, erhöhte sich die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 3,6 Prozent. Demnach gab es mehr als 261.000 Fälle. Damit liegt die Zahl nur noch leicht unter dem Niveau vor der Pandemie, das 2019 bei rund 264.000 Fällen lag.
Während der Pandemie war die Zahl der stationären Aufnahmen wegen Depressionen auf rund 234.000 im Jahr 2020 zurückgegangen. Gründe dafür waren laut der Statistikbehörde die hohe Auslastung der Krankenhäuser durch Covidfälle, verschärfte Hygienekonzepte und das Freihalten von Bettenkapazitäten.
Depressive Episoden und wiederkehrende Depressionen stellen mit 25 Prozent die häufigsten Ursachen für Krankenhausbehandlungen wegen psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen dar. Frauen begeben sich eher in die stationäre Behandlung: 61 Prozent der Patienten mit Depressionen sind weiblich. Die zweithäufigste Diagnose stellen alkoholbedingte Aufnahmen dar. Hier gab es im vorvergangenen Jahr 233.000 Fälle (22 Prozent), die im Rahmen von Klinikaufenthalten behandelt wurden. Davon waren besonders Männer betroffen.
Im Vergleich zu anderen Krankenhausaufnahmen dauert die Behandlung von Depressionen dem Statistischen Bundesamt zufolge deutlich länger. Im Schnitt dauert ein stationärer Klinikaufenthalt 7,2 Tage, bei Depressionen sind es mit 39,2 Tagen mehr als fünf Wochen.
Bei Jugendlichen zwischen zehn und 19 Jahren stellten psychische Erkrankungen 2023 die häufigste Ursache für stationäre Krankenhausbehandlungen dar. Rund 112.600 Personen aus der Altersgruppe wurden deshalb in Klinken behandelt. "Depressionserkrankungen spielen auch in dieser Altersgruppe eine wichtige Rolle", hieß es von den Statistikern. Etwa 30 Prozent der klinisch behandelten jugendlichen Patienten litten demnach an Depressionen. Im internationalen Vergleich ist Deutschland Spitzenreiter bei Krankenhausentlassung nach psychischen Störungen (Abb. 15674).
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Blog 1263 06-03-25: ver.di ist rücksichtslos
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di gilt als besonders rücksichtslos. Jetzt bestreikt sie Pflegeheime, Krankenhäuser und Rettungsstellen. Selbst geplante Operationen müssen verschoben werden. Für die Betroffenen ist das eine schwere Belastung.
Verhandelt wird für etwa 2,5 Millionen Angestellte bei Bund und Kommunen in diversen Berufsgruppen, darunter Erzieherinnen und Erzieher, Krankenpfleger, Busfahrerinnen oder Feuerwehrleute. Ver.di will eine Lohnsteigerung von acht Prozent, mindestens aber 350 Euro im Monat erreichen. Außerdem fordert die Gewerkschaft drei freie Tage mehr und höhere Zuschläge für Arbeit zu belastenden und ungünstigen Zeiten. Die Forderung liegt weit über der Inflationsrate von 2,3 % (Abb. 289600) und ist damit total unangemessen.
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Blog 1262 05-03-25: Trump spielt jetzt im "Team Putin"
Donald Trump und die US-Regierung spielen jetzt im Team Putin. Die Ukraine und Europa sind nicht nur lästig, sie sind der Feind. Das zeigt sich auch im Umgang mit der digitalen Welt. Den Eklat im Oval Office vom vergangenen Freitag, bei dem Donald Trump und sein Vize J. D. Vance den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine umdeuteten und den Präsidenten des angegriffenen Landes, Wolodymyr Selenskyj, vor den Augen der Welt demütigten, zum Kriegstreiber stempelten und zur Kapitulation zwingen wollten, hätten sich die Propagandisten des Kremls nicht besser ausdenken können. Kein Wunder, dass Putins Leute in Jubel ausbrachen. Washington hat ihnen bedeutet, dass sie in der Ukraine und in Europa freie Hand haben. Und Selenskyj muss weg.
Die USA werden, wie sich mit der Rede von J. D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz schon andeutete, für Europa nicht nur keinen Finger rühren. Formell sind sie zwar noch Mitglied des westlichen Verteidigungsbündnisses, in der Sache haben sie die NATO aber schon verlassen. Sie haben die Seiten gewechselt. Das zeigt sich nicht nur auf dem Schlachtfeld in der Ukraine, der die USA keine Waffen mehr liefern und auch keine Informationen des Geheimdienstes CIA - angeblich nur vorübergehend -, es zeigt sich auch im digitalen Raum. Dort behandeln die USA Russland nicht mehr als Gegner, sondern als potentiellen Verbündeten. Begonnen hat die Regierung Trump damit schon vor der Showdown-Inszenierung im Oval Office.
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Blog 1261 05-03-25: Die Bundesregierung und ihr irrender "Antisemitismusbeauftragter"
Die Bundesregierung hat mit Felix Klein einen "Antisemitismusbeauftragten" eingesetzt, der selbst Jude ist. Wohin das führen kann, zeigte sich jetzt, als Klein Offenheit für die von Donald Trump propagierte Umsiedlung von 2 Mio. Menschen im Gazastreifen zeigte. Auch der israelische Ministerpräsident Netanjahu befürwortet dies als "bemerkenswerte Idee". Nun mußte sich die Bundesregierung von Klein distanzieren. "Die Äußerungen stellen die außenpolitische Haltung der Bundesregierung nicht dar", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Klein habe "nicht für die Bundesregierung gesprochen, sondern er hat seine Position als unabhängiger Beauftragter dargelegt", teilte zudem Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. Diese halbe Distanzierung ist natürlich Unfug. Wenn die Bundesregierung jemanden beauftragt, dann kann sie sich nicht einfach von dessen Erklärungen distanzieren, sondern sollte ihn von seiner amtlichen Aufgabe, die ja keine wirklich "unabhängige" ist, entbinden.
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Blog 1260 05-03-25: Schwerste wirtschaftliche Krise seit der Wiedervereinigung
Die Wirtschaftsausfälle übertreffen die Einbußen während der Krisen in Deutschland im vergangenen Vierteljahrhundert: In der Strukturkrise 2001 bis 2004 beliefen sie sich demnach auf 3,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, während die ökonomischen Kosten der Finanzmarktkrise um 2008/09 auf 4,1 Prozent beziffert werden. In den bisherigen 20 Quartalen seit Ausbruch der Corona-Pandemie belaufen sich die Einbußen demnach bereits auf 4,3 Prozent der tatsächlichen Wirtschaftsleistung.
Die gesamten Einbußen beim privaten Konsum über die vergangenen fünf Jahre hinweg dürften der Studie zufolge bei gut 470 Milliarden Euro liegen. Das entspreche 5600 Euro je Einwohner.
Nachwirken dürfte aber vor allem, dass die Unternehmen weniger investiert haben. "Während in der Hauptzeit der Pandemie die Konsumschäden erheblich höher waren als die Investitionsausfälle, wird in den letzten Jahren die Schadensbilanz mehr und mehr von den ausbleibenden Investitionen geprägt", so das IW. Bei den Bruttoanlageinvestitionen werden die Ausfälle in den vergangenen 20 Quartalen auf 265 Milliarden Euro geschätzt.
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Blog 1259 03-03-25: Eklat Trump-Selenski
Die USA haben sich entschieden, sie stehen an der Seite Russlands, nicht des Westens. Das wäre noch vor wenigen Wochen undenkbar gewesen. Die USA rücken von der Ukraine ab und damit gleichzeitig an Rußlands Seite. Ein irre gewordener Trump spielt verrückt.
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Blog 1258 04-03-25: Die Unionsfraktion hat das Auswärtige Amt aufgefordert, bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung keine
Menschen aus Afghanistan mehr einfliegen zu lassen
Die Unionsfraktion hat das Auswärtige Amt aufgefordert, bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung keine Menschen aus Afghanistan mehr einfliegen zu lassen. Es dürfe nicht sein, dass die scheidende Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) "noch wöchentlich bis zu zwei Flüge nach Deutschland" organisiere, sagte die stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz (CSU) der Nachrichtenagentur AFP. "Entscheidungen über Einreisen aus Afghanistan sollten der neuen Bundesregierung obliegen."
Dass das Auswärtige Amt für Mittwoch den nächsten Charterflug aus Afghanistan nach Deutschland plane, sei ein "ungeheuerlicher Vorgang", sagte Lindholz. Die CSU-Politikerin kritisierte die Strukturen des Bundesaufnahmeprogramms als "in höchstem Maße fragwürdig". Sie sprach von einem "intransparenten Verfahren", bei dem Personen ausgewählt würden, "deren Identitäten sich offenbar schon als falsch erwiesen haben".
In der vergangenen Woche hatte Deutschland 155 gefährdete Menschen aus Afghanistan aufgenommen, mehr als die Hälfte davon über das Bundesaufnahmeprogramm. Sie haben laut Auswärtigem Amt "das Aufnahme- und Visumverfahren, inklusive der Sicherheitsinterviews und -überprüfung durch die deutschen Sicherheitsbehörden erfolgreich durchlaufen".
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Blog 1257 04-03-25: Trump und Putin: Das Mörder-Duo
Putin läßt sein Militär in der Ukraine morden. Jetzt stoppt Trump die Hilfe für die Ukraine und arbeitet damit Putin in die Hände. Laut Medien soll der Stopp andauern, bis der US-Präsident feststelle, dass die Führung in Kyjiw Frieden wolle. Es sind finstere Zeiten!
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Blog 1256 03-03-25: Verdi ruft für Donnerstag zu bundesweitem Warnstreik in Kliniken, Pflegeheimen und bei Rettungsdiensten auf -
Solche Streiks sollten verboten werden
Am Donnerstag sollen bundesweit Klinken, Pflegeeinrichtungen und Rettungsdienste bestreikt werden. Dazu rief die Gewerkschaft Verdi auf. Für Patienten werden deutliche Auswirkungen erwartet. Menschen in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen müssen sich auf Einschränkungen einstellen. Hintergrund ist der Tarifstreit mit Bund und Kommunen. Dort steht Mitte März die nächste Verhandlungsrunde an.
Verdi fordert eine Tariferhöhung im Volumen von acht Prozent, mindestens aber 350 Euro mehr monatlich für Entgelterhöhungen und höhere Zuschläge für die Arbeit zu belastenden und ungünstigen Zeiten. Bei einer Inflationsrate von derzeit 2,3 % (Abb. 289600) ist eine solche Forderung total unangemessen. Und Streiks in Kliniken und Pflegeheimen sollten ohnehin verboten werde. Wie Beamte haben die Beschäftigten hier total sichere Arbeitsplätze, und Beamte dürfen auch nicht streiken.
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Blog 1255 02-03-25: Putins schwaches Rußland
Die russische Wirtschaftsleistung in Kaufkrafteinheiten pro Bevölkerung ist nur wenig mehr als die Hälfte der deutschen (Abb. 25820) und stagniert auf diesem Anteil seit vielen Jahren. Hinzu kommt, daß diese Wirtschaftsleistung - anders als in Deutschland - vor allem im Rüstungsbereich erbracht wird und nicht in den Konsum der Bevölkerung fließt. Die Frage ist, wie lange die Bevölkerung diese für sie schlechte Lage akzeptiert.
Die Militärausgaben in Russland übertreffen einer Studie zufolge inzwischen alle europäischen Verteidigungshaushalte zusammen. Sie sind im vergangenen Kriegsjahr 2024 erneut massiv gestiegen. Wie aus einer Studie der Denkfabrik International Institute for Strategic Studies (IISS) mit Sitz in London hervorgeht, gab Russland 41,9 Prozent mehr und damit geschätzt 145,9 Milliarden US-Dollar aus - das entspricht etwa 6,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Nach Kaufkraftparität, bei der berücksichtigt wird, welcher Warenwert mit welcher Währung zu kaufen ist, überstiegen die russischen Ausgaben in Höhe von kaufkraftbereinigt 462 Milliarden US-Dollar sogar die der europäischen Länder (457 Milliarden US-Dollar). Laut IISS belaufen sich die Verteidigungsausgaben aller Nato-Länder auf 1,44 Billionen US-Dollar.
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Blog 1254 28-02-25: Fast 3 Mio. Arbeitslose - Neuer Höchststand seit 10 Jahren
Der Arbeitsmarkt schwächelt, und das schon lange, die Arbeitslosigkeit steigt seit Mitte des Jahres 2022 stetig an. Die Arbeitslosenquote bleibt im Februar im Vergleich zum Vormonat konstant bei 6,4 Prozent. "Die konjunkturelle Schwäche bleibt auch im Februar am Arbeitsmarkt sichtbar. Die Arbeitslosigkeit hat sich gegenüber Januar nur geringfügig verringert", sagte der Vorstand Regionen der Bundesagentur für Arbeit (BA), Daniel Terzenbach, heute in Nürnberg. Im Februar waren in Deutschland 2,98 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet (Abb. 30195).
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Blog 1253 28-02-25: Wie wir uns über unseren Einfluß auf das Klima selbst krank machen - Der Klimawandel ist weltweit die
"größte Gesundheitsgefahr im 21. Jahrhundert"
Durch immer weiter steigenden CO2-Ausstoß (Abb. 23511) schädigt sich die Menschheit selbst. Ist Ihnen schon aufgefallen, wie das Wetter immer feuchter und Sonnenschein immer seltener geworden sind? Konkret haben die Forscher für das Jahr 2049 berechnet, dass die Temperaturen in Deutschland gegenüber dem Beginn der Aufzeichnungen (1881) um durchschnittlich 1,9 bis 2,3 Grad steigen werden. Das mag überschaubar klingen, bedeutet aber unter anderem einen starken Anstieg der heißen und feuchtwarmen Tage über 30 Grad.
Spätestens in 25 Jahren werde das Leben in vielen Teilen Deutschlands "ungemütlich", sagt Andreas Walter vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Er ist dort Experte für die konkreten Auswirkungen des Klimawandels. "Ungemütlich" heißt in diesem Fall: heißer, trockener und mehr Extremwetterereignisse. Konkret haben die Forscher für das Jahr 2049 berechnet, dass die Temperaturen in Deutschland gegenüber dem Beginn der Aufzeichnungen (1881) um durchschnittlich 1,9 bis 2,3 Grad steigen werden. Das mag überschaubar klingen, bedeutet aber unter anderem einen starken Anstieg der heißen Tage über 30 Grad.
Die Veränderung des Klimas wirkt sich auf vielfältige Weise auf unsere Gesundheit aus. Der Klimawandel sei weltweit die "größte Gesundheitsgefahr im 21. Jahrhundert", schrieben Wissenschaftler im Medizin-Fachblatt The Lancet bereits vor 15 Jahren. Er führt Fachleuten zufolge unter anderem dazu, dass Atemwegserkrankungen zunehmen, die Gefahr von Hautkrebs steigt und Allergiker stärker leiden, weil sich die Pollenflugsaison verlängert und neue allergene Pflanzenarten hier heimisch werden. Auch neue Mückenarten können sich durch die höheren Temperaturen ausbreiten und neue Krankheiten übertragen. Doch die meisten Opfer wird es hierzulande durch die zunehmenden Hitzeextreme geben - da sind sich Experten einig. Hitze fordert Herz und Kreislauf heraus und kann uns im schlimmsten Fall sogar töten, heißt es etwa vom Robert Koch-Institut (RKI).Während großer Hitzeperioden zeigt sich schon jetzt regelmäßig ein deutlicher Anstieg der Sterbefälle. Und Hitzewellen werden mehr und länger werden, sagen die Forscher des DWD. Besonders in stark erhitzten Städten sei die Gefahr für die Menschen dann besonders groß. Wie viele Menschen hierzulande in Zukunft durch Hitzewellen sterben werden, lässt sich nicht vorhersagen. Klar ist aber: Es dürften mehr werden, wenn nicht vehement gegengesteuert wird.
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Blog 1252 28-02-25: Zahl der Privatinsolvenzen nimmt deutlich zu
Anhaltend hohe Energie- und Lebensmittelpreise setzen Privathaushalte unter Druck: Fast 100.000 haben 2024 Insolvenz angemeldet. Besonders betroffen sind ältere Menschen. Die Zahl der Privatinsolvenzen in Deutschland ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. 99.991 Insolvenzen bedeuteten eine Steigerung von 6,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr, teilte die Hamburger Wirtschaftsauskunftei Crif mit. Das Unternehmen sieht darin noch die Auswirkungen der hohen Inflation nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Vor allem die stark gestiegenen Energiepreise und höhere Lebensmittelpreise hätten in der Summe zu höheren Lebenshaltungskosten geführt, sagte Crif-Geschäftsführer Frank Schlein. Die finanzielle Situation vieler Privatpersonen in Deutschland bleibe durch die "stetig steigenden Kosten" angespannt. "Einkommen oder Rente reichen nicht mehr aus" Besonders betroffen sind demnach ältere Menschen. In der Altersgruppe ab 61 Jahren ist die Zahl der Insolvenzen mit 10,1 Prozent besonders stark gestiegen. "Bei vielen Betroffenen reichen Einkommen oder Rente nicht mehr aus – in der Folge müssen sie eine Privatinsolvenz anmelden", sagte Schlein. Die weiterhin hohen Kosten und steigende Mieten würden die Situation noch verschärfen. Im laufenden Jahr sei mit mehr als 100.000 Privatinsolvenzen zu rechnen. Nur die hohe Sparmotivation vieler Menschen verhindere eine noch höhere Pleitenzahl. Bei den Privatinsolvenzen betrug die mittlere Schuldenhöhe 16.500 Euro.
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Blog 1251 27-02-25: Gute Nachricht für Arbeitnehmer: Die seit 10 Jahren höchste Reallohnsteigerung
Das Statistische Bundesamt meldet heute die mit 3,1 % seit 10 Jahren höchste Reallohnsteigerung, d.h. nach Abzug der Inflation (Abb. 30194).
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Blog 1250 25-02-25: Deutschland, das Land der Mieter
Hierzulande wohnen deutlich weniger Menschen in ihrer eigenen Immobilie als in anderen Ländern. Das liegt an den hohen Bauanforderungen, aber nicht nur. Würde man durch Norwegen fahren und die einheimischen Leute fragen, ob sie in einer eigenen Immobilie oder zur Miete leben, dürfte die Antwort ziemlich eindeutig ausfallen: Acht von zehn Bürgern würden sagen, dass ihnen ihr Zuhause selbst gehört. In Belgien würden das sieben von zehn Befragten antworten, ebenso in Griechenland und den Niederlanden. Und in Deutschland? Da nickt nur knapp die Hälfte der Bevölkerung mit dem Kopf, wenn sie nach Wohneigentum gefragt wird.
Deutschland reiht sich damit in der europäischen Statistik fast ganz unten ein, nur in der Schweiz fällt die Wohneigentumsquote noch niedriger aus. Dabei ist der Wunsch der Deutschen nach einem Eigenheim stark verbreitet, vom Einfamilienhaus im Grünen träumt die Mehrheit der Menschen hierzulande, wie Umfragen immer wieder belegen. Und gerade die zuletzt leicht gesunkenen Immobilienpreise sowie die steigenden Mieten lassen so manchen Bürger derzeit verstärkt nachdenken, ob ein Kauf die bessere Option wäre. Woran also liegt es, dass Deutschland seit Jahrzehnten eine geringere Eigentumsquote hat als die Nachbarn? Sehr naheliegend ist das Problem der hohen Kosten. Fragt man potentielle Käufer, so ist es häufig die Erschwinglichkeit, die sie am Immobilienerwerb zweifeln lässt.
Die Immobilienpreise sind in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen, besonders in den Jahren zwischen der Finanzkrise 2008 und der Zinswende 2022.
Das allerdings gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für viele andere Länder, und jeweils besonders für die Großstädte. In London kostet der Quadratmeter durchschnittlich mehr als 13.000 Euro, in Paris mehr als 9000 Euro. Auch München zählt zu den teuersten Städten europaweit, andere deutsche Städte wiederum liegen eher im Mittelfeld.
Was jedoch besonders die Preise hierzulande treibt und ein deutsches Alleinstellungsmerkmal ist, sind die hohen Baustandards, sagt Reiner Braun vom Analysehaus Empirica. Auf der Baustelle selbst mit anzupacken, das ist durch die komplexen Ansprüche oft kaum mehr möglich, anders als früher. Der Staat unterstützt die Hauskäufer zwar finanziell. "Doch die Förderung reicht meist nicht einmal aus, um die Zusatzkosten zu decken", sagt Braun.
Hinzu kommt, dass die Nebenkosten für den Immobilienkauf hierzulande vergleichsweise hoch sind. In Deutschland rechnen Käufer mit etwa zehn Prozent vom Kaufpreis, die sie zusätzlich für den Notar und die Grunderwerbsteuer ausgeben müssen. "Im Ausland sind die Nebenkosten teils niedriger, oder es gibt Freibeträge", sagt Braun. Dazu ein Beispiel: In Großbritannien zahlen Erstkäufer bis zu einem bestimmten Kaufwert keine Grunderwerbsteuer. Aktuell liegt die Grenze bei 425.000 Pfund (rund 513.000 Euro), der Freibetrag wird allerdings im April herabgesetzt.
Ein weiterer Unterschied zwischen den Ländern wiegt besonders schwer. "Deutschland hat eine sehr zentrale Struktur. Das heißt, dass viele Menschen in den Städten leben", sagt Andreas Pfnür von der TU Darmstadt. Das beliebte Einfamilienhaus gibt es allerdings vor allem in ländlichen Regionen, Mietwohnungen sind dort eher weniger vorhanden. Deshalb haben Länder, in denen ein höherer Anteil der Bevölkerung in ländlichen Regionen lebt, auch eine höhere Wohneigentumsquote.
Günstiger ist der Hauskauf auf dem Land allemal, das zeigen auch die Daten für Deutschland. Am niedrigsten sind die Quadratmeterpreise in Landkreisen wie Sonneberg in Thüringen oder im Harz, so eine Auswertung von Empirica. Auf ein Haus mit 150 Quadratmetern hochgerechnet, ergibt sich ein Kaufpreis von weniger als 150.000 Euro. Das Problem aber ist: Gerade für gut ausgebildete Akademiker gibt es in diesen Regionen oft nicht genug Jobs, junge Familien bleiben auch nach dem Studium in der Stadt. Manche kaufen dort eine Wohnung, nicht wenige aber bleiben zur Miete wohnen.
Woraus sich ein letzter Aspekt ergibt: Der Wunsch nach Wohneigentum mag zwar groß sein. Kulturell ist in Deutschland dennoch das Dasein als Mieter verankert, sagt Pfnür. Das hat mit der Geschichte Deutschlands zu tun. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es darum, das Land so schnell wie möglich wieder aufzubauen. Viele Menschen hatten kein Vermögen. Sich in dieser Situation eine eigene Immobilie zu leisten, war undenkbar. "Es gab zu dieser Zeit viel öffentlichen Wohnungsbau", sagt der Immobilienfachmann. Viele Städte waren fast vollkommen zerstört, der Bau von Wohnungen wurde oft durch kommunale Mittel ermöglicht. Erst später begann die Blütephase des privaten Hausbaus auf frei stehenden Wiesen. Das Mietrecht ist in Deutschland außerdem mieterfreundlicher als in einigen anderen Ländern, und auch, wenn viel über die Mieten in Berlin geklagt wird, ist es dort immer noch günstiger als in so manch anderer europäischen Großstadt.
Es ist daher unwahrscheinlich, dass sich an der deutschen Wohneigentumsquote in näherer Zukunft groß etwas ändert. Doch muss es das überhaupt? Finanzberater betonen gern, dass es sich finanziell manchmal mehr lohnen kann, ein Leben lang zur Miete zu wohnen und das Geld stattdessen an der Börse zu vermehren. Demgegenüber steht die Sehnsucht vieler Menschen, in ihren eigenen vier Wänden zu wohnen und einen Ort zu haben, in dem sie lebenslang mietfrei wohnen können. Selbst wenn das bedeutet, über viele Jahre hinweg einen Kredit zu tilgen und einen großen Teil ihres Vermögens in das Haus oder die Wohnung zu investieren. Denn darum kommen Immobilienkäufer in keinem Land herum.
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Blog 1249 25-02-25: Der Absturz der FDP unter die 5 %
Die FDP lag bei Bundestagswahlen seit 1949 nur zweimal unter 5 %: 2013 und jetzt wieder mit nur 4,3 % (Abb.). Andererseits hatte sie Höhenflüge wie 2009 mit fast 15 % unter Westerwelle.
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Blog 1248 24-02-25: Deutschland und die AfD
Die AfD konnte bei der letzten Bundestagswahl ihren Zweitstimmenanteil auf 20,8 % verdoppeln (Abb. Zweitstimmen2025). Verfassungsänderungen, wie jetzt bei Schuldenbremse erwogen, können im neuen Bundestag nicht mehr gegen die AfD beschlossen werden. Hinzu kommt, daß die AfD in Ostdeutschland fast überall stärkste Partei geworden ist und dort wichtige politische Posten besetzen wird (Abb. Wahl2025). Deutschland hat damit einen großen Schritt in Richtung Unregierbarkeit unternommen.
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Blog 1247 24-02-25: Wahl 2025 - Gespaltenes Deutschland
Ostdeutschland ist fast vollständig mehrheitlich an die AfD gegangen (Abb.). Damit ist es zu einer erheblichen politischen Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschland gekommen.
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Blog 1246 23-02-25: Das Wahlergebnis - Eine Blitzanalyse
"Die Union bleibt unter ihren Erwartungen, die AfD triumphiert, die SPD liegt am Boden - und die Regierungsbildung dürfte hochkomplex werden." So lautet die treffende Wahlanalyse im SPIEGEL. Doch die Ursachen liegen weit tiefer.
Wir sind tatsächlich mit einer in der Geschichte der Bundesrepublik einmaligen Ballung von Krisen konfrontiert: Die Sicherheitslage in Europa hat sich drastisch verschlechtert, die Wirtschaft steckt in einer strukturellen Krise (Abb. 20789), öffentliche Infrastrukturen vom Verkehr bis zur Bildung erodieren. Es gibt Anzeichen einer Überforderung durch Migrationsprozesse (Abb. 30103), zugleich beobachten wir einen schleichenden Steuerungsverlust des Staates, dem die Menschen wenig Problemlösungsfähigkeit zutrauen.
Und dann spüren wir immer deutlicher die Folgen des Klimawandels (Abb. 20946) und die der ungünstigen demografischen Entwicklung, nämlich einer Überalterung der Bevölkerung, bei der das Durchschnittsalter schon jetzt das höchste in Europa ist (Abb. 20917) und immer mehr aktive Jüngere für die Rentenlasten der Älteren aufkommen müssen. Das passiert gerade alles gleichzeitig.
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Blog 1245 23-02-25: Deutschland: Viele Krisen auf einmal - "ZEIT"-Gespräch mit Andreas Reckwitz, Professor für Allgemeine
Soziologie und Kultursoziologie an der Berliner Humboldt-Universität
ZEIT ONLINE: Herr Reckwitz, in welchem Zustand befindet sich unser von vielen Krisen geschütteltes Land?
Andreas Reckwitz: Wir sind gegenwärtig tatsächlich mit einer in der Geschichte der Bundesrepublik wohl einmaligen Ballung von Krisen konfrontiert: Die Sicherheitslage in Europa hat sich drastisch verschlechtert, die Wirtschaft steckt in einer strukturellen Krise (Abb. 20789), öffentliche Infrastrukturen vom Verkehr bis zur Bildung erodieren. Es gibt Anzeichen einer Überforderung durch Migrationsprozesse (Abb. 30103), zugleich beobachten wir einen schleichenden Steuerungsverlust des Staates, dem die Menschen wenig Problemlösungsfähigkeit zutrauen. Und dann spüren wir immer deutlicher die Folgen des Klimawandels (Abb. 20946)und die der demografischen Entwicklung. Das passiert gerade alles gleichzeitig.
ZEIT ONLINE: Rechtspopulisten wie die AfD haben großen Zulauf, und gleichzeitig ist das Parteiensystem so fragmentiert wie nie zuvor. Ist das veränderte Wahlverhalten eine typische Reaktion für ein aufgewühltes, von Sorgen geplagtes Volk?
Reckwitz: Die Menschen wählen Parteien, denen sie die größte Kompetenz zuschreiben für die Themen, die sie besonders umtreiben. Das führt, übrigens nicht nur in Deutschland, gegenwärtig zu einer Verschiebung eher in Richtung rechts der Mitte. Innere und äußere Sicherheit, Reduzierung von Migration oder Wirtschaftswachstum sind klassische Themenfelder konservativer und nun auch rechter Parteien. Das Mitte-links-Spektrum büßt unterdessen an Stimmen ein. Diese Parteien sind in der Regel vor allem dann gefragt, wenn es darum geht, Wachstum sozial gerecht zu verteilen oder neue Emanzipationsprozesse anzustoßen.
Ungewöhnlich einig sind sich die Menschen übrigens in ihrem negativen Blick nach vorn: 85 Prozent der Deutschen glauben Umfragen zufolge nicht an eine bessere Zukunft für unser Land. Das ist ein bemerkenswerter Befund. Für eine liberale Demokratie, die ja bisher vom Fortschrittsglauben und -versprechen lebt, nisten hier langfristig Legitimationsprobleme - und das gibt wiederum dem Populismus Auftrieb.
ZEIT ONLINE: Als vor dreieinhalb Jahren mit der Ampel erstmals ein Dreierbündnis die Regierung übernahm, herrschte fast so etwas wie Aufbruchstimmung. Wie ist uns die abhandengekommen?
Reckwitz: Im Rückblick würde ich sagen, dass das damals eine Art Scheinblüte war, die sich aus einem besonderen historischen Moment ergab: Da war einerseits ein Gefühl der Erleichterung, weil die Coronapandemie endlich überstanden war. Andererseits gab es nach dem Ende der langen Merkel-Ära eine Phase der Offenheit. Es stellte sich eher neugierig die Frage: Wie geht es jetzt weiter? Tatsächlich gab es aber ja auch damals schon große Probleme wie die marode Infrastruktur oder die fragile Sicherheitssituation in Europa, aber all das blieb in der medialen Öffentlichkeit noch eher unter der Oberfläche. Das ist heute anders. Und dann kamen neue Ereignisse hinzu, allem voran der russische Angriff auf die Ukraine und nun die Trump-Wahl. 2021 war die Stimmung besser als die Realität, mittlerweile haben wir ein klareres Bild, was die Krisen angeht.
ZEIT ONLINE: Der Wunsch nach Aufbruch, nach Disruption scheint im Land größer denn je. Begreifen die Menschen das vor allem als Aufgabe der Politik - oder sind sie auch selbst bereit zur Veränderung?
Reckwitz: Die strukturellen Probleme sind so grundsätzlich, dass dem Staat eine besondere Rolle zukommt. Es gibt zumindest den Wunsch nach einer Renaissance von Staatlichkeit, wenn wir an Bereiche wie Sicherheit, Migration oder Infrastruktur denken. Gleichzeitig gibt es Tendenzen eines Rückzugs ins Private: Wenn die gesellschaftliche Entwicklung krisenhaft wird, versucht man, sich privat abzuschirmen. Dem Befund, dass man der Gesellschaft der Zukunft nicht viel zutraut, steht übrigens in den Umfragen eine erstaunliche Zuversicht vieler gegenüber, was ihre private Zukunft angeht. Das ist bemerkenswert.
ZEIT ONLINE: In der vergangenen Woche hat US-Vizepräsident J. D. Vance eine angeblich mangelnde Meinungsfreiheit in Europa angeprangert und von einer Krise der Demokratien gesprochen, die auch Deutschland betreffe. Wie bewerten Sie das?
Reckwitz: Man sollte nicht übersehen, dass gegenwärtig international zwei unterschiedliche Modelle von Demokratie aufeinanderprallen, das liberale und das antiliberale. Das ist in der Rede von Vance sehr deutlich geworden. Populisten wie J. D. Vance, genauso wie die Vertreter der AfD, verstehen sich ja selbst als die eigentlichen Verteidiger der Demokratie im Sinne der direkten Herrschaft eines "wahren" Volkswillens. Das liberale Demokratieverständnis dagegen basiert auf der Vorstellung einer pluralistischen Konstellation in der Gesellschaft, in der sich Institutionen im Sinne einer Gewaltenteilung gegenseitig in Schach halten und der medialen Öffentlichkeit eine wichtige Vermittlerfunktion für den Diskurs zukommt. Hier gibt es dann Sicherheitsinstanzen, die im Namen einer illiberalen Demokratie antidemokratisch erscheinen. Ich denke, wir müssen uns diese Sichtweise von Vance und anderen auch in ihrer inneren Logik klarmachen.
Reckwitz: Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hat das schon vor Jahren gehofft. Ich würde eher von einem Konflikt mit offenem Ende sprechen: Unser liberales Demokratiemodell steht unter Beschuss von autoritären Kräften, die sich selbst als die wahren Demokraten betrachten. Besorgniserregend ist aber nicht nur das, sondern auch - das muss man selbstkritisch feststellen - dass die Funktionsfähigkeit der liberalen Demokratie selbst schon seit einigen Jahrzehnten leidet. Und so ja auch die populistische Welle erst hat entstehen lassen.
Ich meine damit die bereits erwähnte Steuerungsschwäche des spätmodernen Staates, dem es offenbar in vielen Bereichen nicht mehr gelingt, das, was in der Bevölkerung als Problem wahrgenommen wird, zu lösen. Man könnte sagen: Es gibt ein staatliches Umsetzungsproblem. Dadurch wird das Vertrauen der Bürger in die Demokratie schwächer. Der Politologe Veith Selk spricht ja sogar von "Demokratiedämmerung".
ZEIT ONLINE: Was kann Politik tun?
Reckwitz: Das ist nicht einfach zu beantworten. Man darf nicht vergessen: Auch in der Vergangenheit ist es der Politik in der liberalen Demokratie immer wieder gelungen, große institutionelle Strukturen neu aufzubauen, ob das der New Deal war, die Bildungsexpansion, die Wiedervereinigung oder die Gründung der Europäischen Union oder der Nato. Nun kann man sich trefflich fragen, warum das heute anscheinend weniger gelingt. Hier spielt sicherlich die umfassende Verrechtlichung des Sozialen eine hemmende Rolle, man denke an die lange Verzögerung von Planungsprozessen durch Einsprüche einzelner Akteure. Auch gegenseitige Blockaden in der Konsensdemokratie sind ein Faktor, in Deutschland etwa die Rolle des Föderalismus.
Ich denke, es ist zentral, sich klarzumachen, dass die staatliche Steuerungsschwäche ein immenses Legitimationsproblem für sich mit sich bringt. Philosophische Demokratietheorien betonen gerne, dass der demokratische Prozess in der Öffentlichkeit ein Wert an sich sei. Aber liberale Demokratie ist für viele auch immer Mittel zum Zweck: Am Ende der Debatten soll der Staat etwas effektiv umsetzen oder indirekt ermutigen, was eine Verbesserung mit sich bringt. Das Problem derzeit ist, dass viele Menschen nicht mehr an eine bessere Zukunft glauben. Ich denke, erst wenn deutlich wird, dass das politische System sichtbar effektiv Probleme löst, würde sich das ändern.
ZEIT ONLINE: Bloß, wie soll man Vertrauen in eine bessere Zukunft wecken, wenn die Zutaten dafür fehlen und wenn alles so düster ist, wie es nun gerade mal ist?
Reckwitz: Wir sollten uns von den Populisten nicht vorgaukeln lassen, dass liberale Demokratien gewissermaßen nur endlos über komplexe Probleme reden können, aber am Ende nichts bewirken, und dass nur die Populisten eine Disruption bewirken. Wie gesagt: In der Vergangenheit bedeutete liberale Demokratie auch durchsetzungsfähige Staatlichkeit, und erst das hat dieses politische System so erfolgreich gemacht.
ZEIT ONLINE: Aber der große Unterschied ist doch, dass uns heute im Angesicht der ganzen Krisen das Wachstum fehlt, um deren Bewältigung zu bezahlen. Allein Deutschland aufzurüsten, wird viele Milliarden kosten, ebenso wie die Instandsetzung der maroden Schulen und der Deutschen Bahn, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Reckwitz: Das ist richtig. Deutschland wurde länger und viel stärker als andere westliche Gesellschaften von jenen Industrien getragen, die das Land nach 1949 geprägt haben, etwa der Automobilbranche. Hier befinden wir uns in einem Strukturwandel, dessen Ausgang offen ist. Umso mehr verwundert es, dass im Wahlkampf die politische Förderung neuer Wirtschaftszweige, die sukzessive an die alten treten können, eine eher geringe Rolle spielt, mit Ausnahme vielleicht der Klimatechnologien. Ökonomischer Strukturwandel ist ja in der Geschichte der Moderne, in dem Altes durch Neues verdrängt wird, eigentlich völlig alltäglich. Und nicht selten wurden auch technologische Revolutionen in ihren Anfängen durch staatliche Politik massiv gefördert. Da gibt es gegenwärtig Nachholbedarf.
ZEIT ONLINE: Sie haben ein Buch über die Verlusterfahrungen moderner Gesellschaften geschrieben. Welche prägt Deutschland gegenwärtig am meisten?
Reckwitz: Man muss sich zunächst klarmachen, dass eine moderne Gesellschaft ohne Verlusterfahrungen gar nicht zu haben ist. Seit dem 18. Jahrhundert war die Kehrseite der Modernisierung immer, dass in bestimmten sozialen Gruppen geschätzte Errungenschaften verschwunden sind und entsprechend betrauert wurden - ganz unabhängig davon, ob dies durch politische Revolutionen, technologischen und wirtschaftlichen Wandel oder durch kulturelle Verschiebungen angestoßen war. Es ist aber eine Art Betriebsgeheimnis der westlichen Moderne, dass sie diese Verlusterfahrungen immer wieder durch Fortschrittserfahrungen erfolgreich relativieren konnte, teils gar unsichtbar gemacht hat. Gerade Deutschland ist dafür ein gutes Beispiel.
ZEIT ONLINE: Inwiefern?
Reckwitz: Nach Kriegsende 1945 war das Land durch die Kriegserfahrungen und das Ende des Dritten Reiches stark von Verlusterfahrungen geprägt. Aber die "dreißig glorreichen Jahre" (Fourastié, PDF) danach haben den Eindruck vermittelt, dass sich die Verluste ungeschehen machen lassen, weil an deren Stelle Modernisierungsfortschritte vom Wirtschaftswunder bis zur Bildungsexpansion getreten sind. Wobei man hinzufügen muss, dass manche Kriegstraumata auch nur verdrängt wurden.
Die gegenwärtige Situation aber ist anders: Es gibt ein ganzes Bündel von Verlusterfahrungen und Verlustängsten - vom Klima bis zum Krieg, von der Wohnungsnot bis zur polarisierten Öffentlichkeit -, zugleich sind die Fortschrittserwartungen, dass man diese Verluste überwinden oder verhindern kann, äußerst brüchig geworden. Wir haben es mit einer spätmodernen Verlusteskalation zu tun - was allerdings nicht heißt, dass wir mehr Verluste hätten. Nur erscheinen diese drastischer, weil ein Fortschrittsversprechen abhandengekommen ist - und damit der beruhigende Gedanke, dass die gegenwärtigen Krisen nur ein vorübergehendes Phänomen sind. ZEIT ONLINE: Es braucht also eine Fortschrittserzählung, um die Verlusteskalation zu stoppen?
Reckwitz: Das wird oft gesagt, ja, aber ein neues Fortschrittsnarrativ allein wird wohl nicht ausreichen. Ein bloßes Narrativ, das man aus dem Hut zaubert, dem würde die Glaubwürdigkeit fehlen. Auch in der Vergangenheit waren Fortschrittserzählungen immer mit konkreten Prozessen unterlegt, in denen für viele sichtbar Fortschritte stattfanden. Konkret heißt das heute: Eine glaubwürdige Erzählung müsste verankert sein in der realen Regierungspolitik, also in bestimmten Steuerungsmaßnahmen.
Die Frage ist häufig, welches der Oberbegriff für eine solche Politik heute sein könnte. Der Begriff der Resilienz wäre hier ein möglicher Kandidat: Die Gesellschaft muss resilienter werden. Resilienz im Sinne einer Transformation in Richtung Krisenfestigkeit ist ein eher skeptisches Fortschrittsziel. Es ist der gegenwärtigen Lage angemessen und lässt sich auf erstaunlich viele, gegenwärtig virulente Problemfelder beziehen: die äußere Sicherheit, die öffentliche Infrastruktur, der Klimawandel. Deutschland hatte sich nach 1945 angewöhnt, sich als eine 'success story' zu betrachten.
ZEIT ONLINE: Gibt es bei der Resilienz unterschiedliche nationale Ausprägungen, sind die Skandinavier beispielsweise resilienter als die Deutschen?
Reckwitz: Resilienz vergleichend zu bestimmen, ist soziologisch ein großes Thema. Gesellschaften sind offenbar dann besonders resilient, wenn das Vertrauen in ihre Institutionen intakt ist - von den lokalen Einrichtungen bis hin zum politischen System. Und das ist in skandinavischen Ländern nach wie vor recht groß. In Deutschland dagegen hat das Vertrauen gelitten. Deutschland hatte sich nach 1945 angewöhnt, sich als eine success story zu betrachten - vom Wirtschaftswunder bis zur Wiedervereinigung, vielleicht bis in die Merkel-Ära hinein. Jetzt erkennt man betroffen, dass einige der Grundpfeiler der bisherigen Stabilität - die europäische Sicherheitsordnung, die effektiven Infrastrukturen, die exportorientierte Industrie, die Konsensdemokratie - sehr ins Wanken geraten sind oder sogar zusammenbrechen. Hier Resilienz wiederzugewinnen, ist wahrscheinlich keine einfache Aufgabe.
ZEIT ONLINE: Braucht eine Gesellschaft, die krisenfest werden will, nicht auch mehr Zusammenhalt, also mehr Kollektiv als Einzelkämpfer?
Reckwitz: Es deutet sich hier jedenfalls ein kultureller Wandel an, so scheint mir. Die spätmoderne Kultur betont seit den 1980er-Jahren sehr stark die subjektiven Rechte des Individuums gegenüber der Gesellschaft, auch die subjektiven Interessen. In der Pandemie kam dann plötzlich ein Diskurs über Pflichten auf: Habe ich eine Schutzpflicht für andere? Auch das Bewusstsein für den Klimawandel hat ja in der Debatte die Frage nach den Pflichten gegenüber kommenden Generationen stark gemacht.
Ich vermute, dass die Frage einer Wiedereinführung der Wehrpflicht nach der Bundestagswahl zu einem großen Thema werden wird: auch hier also die Frage, inwiefern man den Einzelnen für die Gesellschaft verpflichten kann und sollte. Diese Debatten enthalten aber enormes Konfliktpotenzial, wie wir gesehen haben. Individuen, die man auf die Wahrung ihrer eigenen Rechte und Interessen trainiert hat, sollen plötzlich Pflichten für die Gesellschaft übernehmen - das sehen manche gar nicht ein. Die Auseinandersetzung über diese Fragen wird uns sicherlich in den nächsten Jahren begleiten.
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Blog 1244 20-02-25: Dramatisch steigende globale Staatsverschuldung
Die globale Staatsverschuldung dürfte in den nächsten vier Jahren stark steigen. Finanzfachleute mahnen Regierungen, sich gegen mögliche Zahlungsschwierigkeiten zu wappnen.
Bis 2028 wird die globale Staatsverschuldung voraussichtlich 130 Billionen US-Dollar erreichen - ein Anstieg von mehr als 35 Prozent in nur vier Jahren. Der treibende Faktor dafür dürfte die Erhöhung der öffentlichen Ausgaben in Amerika und Marktemissionen sein. Rund 20 Prozent der weltweiten Neuverschuldung dürfte aus den USA kommen, schreibt der Weltbankenverband (Institute of International Finance, IIF) in einer Analyse.
Neueste Schätzungen des US-Kongresses gehen davon aus, dass die Verschuldung der US-Bundesregierung von 98 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2024 auf mehr als 105 Prozent des BIP im Jahr 2028 ansteigen wird, bevor sie 2029 das Allzeithoch von 106 Prozent aus dem Jahr 1946 übertreffen werde. Die neue Regierung unter Donald Trump hat zwar angekündigt, die Regierungseffizienz verbessern und die Ausgaben eindämmen zu wollen, aber eine deutliche Verringerung der Staatsverschuldung scheint laut dem IIF unwahrscheinlich.
Der Grund: Die Zinsaufwendungen steigen, und über 60 Prozent der Staatsausgaben bleiben obligatorisch (Abb. 30193). In den nächsten vier Jahren werden die Haushaltsdefizite durchschnittlich 5,5 Prozent des BIP pro Jahr (oder 1,75 Billionen US-Dollar) betragen - was deutlich über dem Durchschnitt vor der Pandemie liegt. Diese Zahl könnte noch erheblich steigen, wenn Trump seine Wahlversprechen umsetzt, darunter ein Senken der Einkommensteuer im Rahmen des Tax Cuts and Jobs Act (TCJA) über das Jahr 2025 hinaus.
Nicht nur in den USA, sondern in allen Industrie- und Schwellenländern haben die staatlichen Zinsaufwendungen im Jahr 2024 nach IIF-Angaben ein Rekordhoch erreicht. In den nächsten Jahren werden sie voraussichtlich noch weiter steigen. Diese weltweite Schuldenlast könnte in naher Zukunft aufgrund der Steuersenkungen und strengeren Einwanderungsbestimmungen in die USA noch höher werden.
Dies bedeute steigende Haushaltsdefizite und Staatsverschuldung und einen sich verschärfenden Inflationsdruck, warnt der IIF, weil die Kredite aufgrund einer strafferen Geldpolitik der amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed) teurer werden. In einem solchen Umfeld könnte die Umsetzung fiskalpolitischer Maßnahmen noch schwieriger werden, was das Risiko politischer Instabilität erhöhe, wie die "Minifinanzkrisen" Großbritanniens im Jahr 2022 und derzeit in Frankreich zeigen.
Die Gruppe der 20 wirtschaftsstärksten Länder, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank werden sich vor allem im Rahmen des regelmäßigen Global Sovereign Debt Roundtable (GSDR) über das Vorgehen im Bezug auf Staatsschulden austauschen, nachdem die großen Umschuldungsfälle Sambia, Ghana, Ukraine und Sri Lanka weitgehend abgeschlossen sind. Schwerpunkmäßig wird es darum gehen, die Länder vor Finanzproblemen und Zahlungsunfähigkeit zu schützen. Dazu gilt es, die Widerstandsfähigkeit der Staaten zu erhöhen.
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Blog 1243 20-02-25: Der amerikanische Präsident stellt Wolodymyr Selenskyjs Legitimität infrage
Einen genehmen Kandidaten hat der russische Präsident auch schon. Es ist ein alter Bekannter. Moskau startet eine neue Offensive gegen den ukrainischen Präsidenten - dieses Mal mit offener Unterstützung des amerikanischen. Donald Trumps Tirade gegen Wolodymyr Selenskyj vom Dienstagabend war ganz im Sinne des russischen Präsidenten Putin, mit dem sich der Amerikaner noch vor Ende dieses Monats treffen will. Zwar bestand Trump darauf, seine Kritik daran, dass in (den unbesetzten Teilen) der Ukraine derzeit keine Wahlen abgehalten werden, sowie seine Behauptung, dass nicht Russland, sondern Kiew den Krieg begonnen habe und längst mit einem "Deal" hätte beenden sollen, "kein Russland-Ding" seien, sondern "etwas, das von mir kommt".
Aber Trumps Darstellung entspricht vollauf der Wladimir Putins, der Selenskyj schon seit dem vergangenen Frühjahr jede Legitimität abspricht. Zwar ist die Amtszeit des 2019 gewählten ukrainischen Präsidenten im Mai vorigen Jahres tatsächlich formal abgelaufen. Allerdings besteht in Kiew bis in die Opposition hinein Konsens darüber, dass es nicht angebracht wäre, von der Rechtslage, die Wahlen im Kriegszustand ausschließt, abzuweichen, solange man sich im Überlebenskampf gegen die russischen Angreifer befindet.
Trump sprach Selenskyj nun überdies lediglich eine Beliebtheit von "vier Prozent" zu, wofür es keine Anhaltspunkte gibt: Laut einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Kyiv International Institute of Sociology in den von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten vertrauen derzeit 57 Prozent der Ukrainer Präsident Selenskyj; Misstrauen ihm gegenüber äußerten demnach 37 Prozent. Doch greift Trumps Vorstoß frühere Äußerungen seines Ukraine-Sondergesandten Keith Kellogg zur Abhaltung von Wahlen in der Ukraine auf.
So entsteht der Eindruck, dass die "Quellen" recht haben könnten, auf die sich der deutsche Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky am Dienstagabend in einem Post auf der Plattform X berief: Trumps Vorschlag für einen "Deal" mit Putin bestehe aus drei Schritten, zunächst einer Waffenruhe, dann Wahlen in der Ukraine, dann der Unterzeichnung eines endgültigen Abkommens. Weiter schrieb der Grünen-Politiker, insbesondere die Forderung nach Wahlen sei "ein Geschenk Trumps an Putin", denn der hasse Selenskyj, weil er seine Pläne durchkreuzt habe, die Ukraine zu unterwerfen. Putin träume davon, einen prorussischen Kandidaten ins Präsidentenamt zu bringen.
Jetzt holt Putins Macht- und Medienapparat unter Berufung auf Washington mit neuer Verve gegen Selenskyj aus. Den neuen Angriff übernahm Dmitrij Medwedjew, Putins Stellvertreter im Vorsitz des Nationalen Sicherheitsrats. Er schrieb auf seiner Seite auf VKontakte auf Russisch und Englisch mit Bezug auf Trumps Vorwürfe, Selenskyj sei eine "in die Ecke getriebene Ratte" - womit Medwedjew gegen den jüdischstämmigen Präsidenten eine vielzitierte Jugenderinnerung Putins mit einer alten, antisemitischen Tiermetapher kombinierte.
Zu rechnen sei mit einem "Gegenangriff" Selenskyjs: Man müsse, so Medwedjew, von "dem zitternden Nagetier mit fliehenden Augen jede Provokation erwarten", um eine Beilegung des Konflikts zu verhindern, auch Einsätze von Massenvernichtungswaffen (die Russland Kiew seit Langem belegfrei zuschreibt) gegen ukrainische Städte und Zivilisten, um Moskau zu beschuldigen. "Eine dringliche Rattenentfernung wird das Problem lösen", schrieb Medwedjew über den ukrainischen Präsidenten. Nach ukrainischen Angaben sind in der Vergangenheit zahlreiche russische Versuche gescheitert, Selenskyj zu töten. Jetzt rief Medwedjew die Amerikaner als bisher größte Unterstützer der Ukraine dazu auf: "Am besten ist es, wenn sich darum diejenigen kümmern, die zuvor die ekligen grauen Ratten mit langen Schwänzen gefüttert haben."
Immer deutlicher wird, dass Putin als seinen Mann für Kiew Viktor Medwetschuk in Stellung bringt, einen alten Weggefährten, der einst auch Kiews Unterhändler im Minsker Prozess war. Welches Gewicht der wichtigste prorussische Politiker und Oligarch für Putin hat, der Taufpate einer Tochter des Ukrainers sein soll, konnte man 2022 sehen: Medwedtschuk war nach dem russischen Überfall von Ende Februar 2022 untergetaucht, wurde aber im April entdeckt und unter Hochverratsvorwürfen festgenommen. Schon im September kam er in einem Gefangenenaustausch frei und konnte nach Russland ausreisen, das dabei neben Medwedtschuk nur 55 russische Soldaten zurückerhielt, aber viel mehr Feinde ziehen ließ: 205 Ukrainer, unter ihnen besonders dämonisierte Verteidiger des Asowstal-Stahlwerks in Mariupol, sowie zehn Ausländer.
Schon 2019 hatte Moskau gegen Selenskyj und dessen Amtsvorgänger Petro Poroschenko auf Medwedtschuk gesetzt und dessen Parteigenossen Jurij Bojko in den ukrainischen Präsidentenwahlen offen unterstützt. Dmitrij Medwedjew, damals Ministerpräsident, empfing Medwedtschuk und Bojko in Moskau und versprach den Ukrainern niedrigere Gaspreise, sollte sich Kiews Politik ändern. Bojko landete aber abgeschlagen auf dem vierten Platz. Schon seit einiger Zeit ist Medwedtschuk nun Dauergast in den russischen Staatsmedien, wird als "Ratsvorsitzender" einer "Bewegung" namens "Eine andere Ukraine" vorgestellt und wiederholt Putin-Worte wie das eines "Anti-Russlands", wozu die Ukraine geworden sei und was sie nicht sein dürfe.
Am Mittwoch erschien die jüngste "Kolumne" Medwedtschuks, die triumphierte, jetzt unterbreiteten Russland und die USA Selenskyj gemeinsam "die Bedingungen". Wie Putin und nun auch Trump gab Medwedtschuk dem ukrainischen Präsidenten die Schuld am Krieg. "Hitler hatte wenigstens den Mut, sich zu vergiften", schrieb Putins Mann für die Ukraine, "Selenskyj wird den Ukrainern ein solches Glück nicht bescheren."
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Blog 1242 20-02-25: Obere zehn Prozent der Bevölkerung besitzen rund 60 Prozent des Gesamtvermögens
Anders als oft vermutet ist in fast keinem anderen Land in der Eurozone Vermögen so ungleich verteilt wie in Deutschland. Daten der Europäischen Zentralbank zeigen: Auf die unteren 50 Prozent der Bevölkerung in Deutschland entfiel 2023 etwa zwei Prozent am Gesamtvermögen. Die oberen 10 Prozent der Bevölkerung besaßen hingegen einen Anteil von etwa 60 Prozent.
Nettovermögen besteht aus Sach- und Finanzvermögen, abzüglich aller Schulden. Zum Sachvermögen zählen etwa Immobilien, Firmenbeteiligungen, Gegenstände wie Autos. Das Finanzvermögen umfasst Ersparnisse, Aktien, Fonds und private Rentenversicherungen. Hausrat, Bargeld sowie Renten- und Pensionsansprüche sind nicht enthalten.
2023 lag der Gini-Index für Vermögen in Deutschland laut dem Global Wealth Report 2024, der Daten der Credit Suisse und UBS nutzt, bei 0,68. Damit ist der Koeffizient beim Vermögen im Vergleich zum Einkommen mehr als doppelt so hoch. Zum Vergleich: Länder wie Italien, Großbritannien und Spanien liegen darunter. Schweden hingegen kommt auf einen höheren Gini-Index mit 0,75.
Deutschland ist im europäischen Vergleich zudem eines der Länder mit dem geringsten Anteil von Haushalten, die selbst Wohneigentum besitzen. In den Daten zeigt sich, dass dadurch unter anderem auch die Vermögensungleichheit hoch sei. Das ist auch in der Schweiz und in Österreich der Fall. Und wer kein Eigentum hat, kann kaum langfristig Vermögen aufbauen.
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Blog 1241 19-02-25: Trump und Putin - Mörder und Gauner - Chaos ist das neue Normal
Eine Szene, typisch für den Verlauf dieser denkwürdigen Konferenz Münchner Sicherheitskonferenz: Man wird nicht schlau aus den Amerikanern. Und fragt sich, ob wenigstens sie selbst wissen, was sie da tun. Kellogg, Sonderbeauftragter der US-Regierung für die Ukraine, räumt ein, dass die vergangenen Tage verwirrend waren. Am Mittwoch, erzählt er, sei er gerade aus dem Fitnessstudio gekommen, da klingelte sein Telefon. Donald Trump war dran, der Präsident wollte wissen, "was zur Hölle eigentlich los ist".
Kurz zuvor hatte Pete Hegseth, der neue US-Verteidigungsminister, in Brüssel bei der Nato erste Konturen für einen möglichen Deal zur Beendigung des Ukrainekriegs skizziert. Der hatte zum Inhalt, dass die Ukraine kein Nato-Mitglied werde, dass US-Truppen nicht für spätere Sicherheitsgarantien bereitstünden, eine militärische Friedensmission müssten stattdessen die Europäer aufstellen, allerdings ohne den Schutz der Amerikaner. Die Aufregung in Brüssel, den anderen europäischen Hauptstädten und in Kyjiw war groß. Wie kam Hegseth darauf?
Kellogg konnte die Frage seines Präsidenten nicht beantworten. Er, Trumps Mann für die Ukraine, wusste zum Zeitpunkt des Telefonats noch nicht, so schildert er es, was Hegseth in Brüssel gesagt hatte. Die Anekdote aus dem Innern der US-Administration vermittelt einen Eindruck davon, wie chaotisch das Trump-Projekt anläuft, den Krieg in der Ukraine möglichst schnell zu beenden.
Angespannt waren europäische Spitzenpolitiker und Diplomaten übers Wochenende nach München gereist. Alle hofften, dass die US-Delegation Antworten auf die drängenden Fragen liefern würde. Viel klüger aber, so jedenfalls lautete das Resümee eines deutschen Diplomaten am Samstagabend, sei man nicht geworden. Auf der großen Bühne der Konferenz ließen die Amerikaner fast gar keine Details durchblicken. Vizepräsident J.D. Vance erwähnte die Ukraine in seiner Rede gar nicht, stattdessen arbeitete er sich an der vermeintlichen Erosion der Meinungsfreiheit in Europa ab. Nach der Rede, in der Vance unverhohlen für die AfD warb, machte sich Fassungslosigkeit breit. Der wegen einer Flugzeugpanne verspätet angereiste US-Außenminister Marco Rubio trat in München gar nicht erst öffentlich auf.
Der Sonderbeauftragte Kellogg machte in München lediglich klar, dass sein Präsident das Projekt Friedens-Deal allein in die Hand nehmen wolle. Bei den geplanten Gesprächen über einen Friedensschluss, da ließ Kellogg keinen Zweifel, würden nur drei Personen am Tisch sitzen: Wladimir Putin, Wolodymyr Selenskyj und Donald Trump. Die Interessen der Europäer werde man zwar berücksichtigen, sagte Kellogg, sie würden aber lediglich konsultiert und nicht direkt an den Verhandlungen beteiligt. Europa, so scheint es nach diesem Münchner Wochenende, ist in den Augen der Amerikaner kein ernstzunehmender geopolitischer Akteur. Selbst dann, wenn wie im Konflikt mit Russland die Sicherheitsinteressen der Europäer akut betroffen sind, sollen sie außen vor bleiben. Es ist eine Demütigung.
Den Europäern droht, von Trump übergangen zu werden. In München äußerten mehrere Diplomaten die Sorge, dass Trump einen Deal zulasten der Ukraine schließt und den Europäern die Umsetzung und Absicherung überlässt. Sein Minister Hegseth hatte das in Brüssel bereits anklingen lassen. Erste Indizien scheinen die Befürchtungen zu bestätigen. In den vergangenen Tagen übermittelten die Amerikaner eine Art Fragebogen; ihre Partner sollen angeben, welchen militärischen Beitrag sie leisten können, um einen Friedens-Deal abzusichern. Das transatlantische Verhältis nimmt in diesen Tagen schweren Schaden. Wie gehen die Deutschen, wie gehen die Europäer mit der Situation um?
Aus deutschen Regierungskreisen heißt es, die brachiale Trump-Diplomatie komme nicht überraschend; nach dessen Ankündigungen während des Wahlkampfs habe man damit rechnen müssen. Und doch wirken Vertreter der Bundesregierung sowie der Union verstört und auch verärgert von der breitbeinigen und widersprüchlichen Art, mit der die Amerikaner neuerdings auftreten. Bei den Deutschen macht sich die Wahrnehmung breit: Trumps Emissäre buhlen um die Gunst des Präsidenten; sie überböten einander mit wagemutigen, verrückten und widersprüchlichen Vorschlägen, aus denen sich Trump dann etwas aussuchen werde. Nach dieser Lesart ist Chaos das Prinzip der neuen US-amerikanischen Außenpolitik, das neue Normal. Man müsse lernen, damit umzugehen, heißt es. Bloß wie?
In der ersten Amtszeit von Trump hatte er der Nato den Hirntod diagnostiziert. Mindestens so lange erhebt er die Forderung nach strategischer Autonomie, die im Elysée auch immer als Fähigkeit verstanden worden ist, militärisch unabhängig von den USA handeln zu können.
US-Präsident Trump zeigt seit Tagen offen seine Verachtung für den ukrainischen Staatschef Selenskyj. Nun hält er nicht etwa Moskau, sondern Kyjiw ein Demokratiedefizit vor. Und spricht eine ominöse Drohung aus. Er hat Selenskyj vorgeworfen, Wahlen abzulehnen und damit ein Diktator zu sein. Konkret sagte er, der ukrainische Präsident sei "a dictator without elections". Tatsächlich wurde Selenskyj in einer offenen Wahl ins Amt gewählt - anders als beispielsweise Russlands Präsident Wladimir Putin, mit dem Trump nach Angaben baldige Gespräche sucht.
"Ich liebe die Ukraine, aber Selenskyj hat einen fürchterlichen Job gemacht, sein Land ist zerstört und Millionen sind sinnlos gestorben", schreibt Trump auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social weiter. Selenskyj müsse schnell handeln, "sonst wird er kein Land mehr übrig haben". In der Zwischenzeit seien die USA dabei, mit Russland erfolgreich ein Ende des Kriegs zu verhandeln. Direkt davor schrieb der US-Präsident in einer wüsten Suada: "Stellen Sie sich vor, ein bescheiden erfolgreicher Komiker, Wolodymyr Selenskyj, hat die Vereinigten Staaten von Amerika dazu überredet, 350 Milliarden Dollar auszugeben, um in einen Krieg einzutreten, der nicht gewonnen werden konnte, der nie hätte beginnen müssen, aber ein Krieg, den er ohne die USA und ›TRUMP‹ nie beenden kann". US-Außenminister Marco Rubio hatte sich in dieser Woche mit seinem russischen Gegenüber Sergej Lawrow in Saudi-Arabien getroffen. Bereits in den vergangenen Tagen machte die Trump-Regierung dem Kreml mehrfach Zugeständnisse. Umgekehrt forderten die USA von Kyjiw laut Berichten eine Art Entschädigung in Höhe von 500 Milliarden US-Dollar für die bisherige Unterstützung.
Trump warf dem ukrainischen Staatschef außerdem vor, seine Zustimmungsrate läge bei nur vier Prozent. Tatsächlich liegt der Zuspruch laut Umfragen bei über 50 Prozent. Selenskyj sagte daraufhin im ukrainischen Fernsehen: "Wir haben Beweise dafür, dass diese Zahlen zwischen Amerika und Russland diskutiert werden. Das heißt, Präsident Trump … lebt leider in diesem Raum der Desinformation."
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Blog 1240 19-02-25: Es ist ein Weltkrieg, denn Putin will die Weltordnung ändern
Euphorie zu verbreiten, gehört zum Kerngeschäft des russischen Staatsfernsehens. Dieser Tage haben dessen Vertreter sogar einen Realitätsbezug: das Telefonat des amerikanischen Präsidenten Donald Trump mit Wladimir Putin. Feixend feiern sie die amerikanischen Zugeständnisse gegenüber dem russischen Präsidenten schon vor einem möglichen Treffen der beiden, die Äußerung von Trumps Verteidigungsminister, Europa müsse künftig selbst für seine Sicherheit aufkommen, und den Beginn der Gespräche an diesem Dienstag in Riad.
Putins Scharfmacher blicken dabei schon über die Grenzen der Ukraine hinweg, getreu der Devise ihres Präsidenten, dass man sich im Krieg mit dem gesamten Westen befinde. Trump nehme Russland die Butter vom Brot, scherzte etwa der Staatsfernsehmann und Unterhausabgeordnete Jewgenij Popow: "Wir wollten doch die westliche Welt in Stücke sägen, aber jetzt hat er selbst entschieden, sie aufzusplittern."
Der kremltreue Politologe Sergej Michejew hob hervor, nun müsse Russland den Europäern klarmachen, dass "wir jetzt wirklich Brüssel, London, Paris angreifen können", denn die Amerikaner würden nicht zur Hilfe kommen. Dmitrij Kisseljows "Nachrichten der Woche" blickten am Sonntagabend im Triumph über den "Tsunami" für die Europäer auf der jüngsten Münchner Sicherheitskonferenz zurück auf die Rede, in der Putin dort 18 Jahre zuvor eine "unipolare Welt" unter amerikanischer Führung gegeißelt hatte - endlich, so der Tenor, komme dieser Gedanke auch in Washington an.
Betont wird stets, dass Russlands Präsident mit den Amerikanern über "die Grundursachen des Konflikts" sprechen will. Denn Putin geht es nicht nur um eine Zerschlagung der Ukraine, sondern auch um einen Rückzug der Vereinigten Staaten und der NATO aus weiten Teilen Europas. Das machen auch russische Forderungskataloge aus dem Dezember 2021 klar, auf die nun wieder verwiesen wird.
Putin "macht es professionell", sagt Boris Bondarew der F.A.Z. Der langjährige russische Diplomat, der zuletzt in Genf als Abrüstungsfachmann tätig war, quittierte im Mai 2022 den Dienst aus Protest gegen den russischen Angriffskrieg und lebt nun in der Schweiz. "Er kämpft weiter und hat einfach abgewartet, bis die Amerikaner auf ihn zugehen." Putins Unterhändler würden nun sondieren, was die Amerikaner böten und dann mehr und mehr einfordern. Derweil wirke Putin weiter schmeichelnd auf Trump ein. Auf amerikanischer Seite laufe dagegen ein "Festival der Unprofessionalität", sagt Bondarew. Es sei unklar, was die Amerikaner wollten, wie Trumps "Deal" aussehen solle, ob sie überhaupt verstünden, warum Putin den Krieg begonnen habe. "Er will die Weltordnung umbauen", sagt Bondarew über seinen früheren Chef. Dazu gelte es vor allem, die Amerikaner zum Rückzug aus Europa zu bewegen und die NATO zu erledigen, um dann den einzelnen Ländern seine Bedingungen zu diktieren.
Am Freitag ist Bondarew in seiner Heimat zum "ausländischen Agenten" erklärt worden und muss stets mit Racheakten der russischen Geheimdienste rechnen. "Putin verachtet Schwache", sagt Bondarew. So werde Putin zum Beispiel Deutschland wieder Gas verkaufen, aber für mehr Geld als früher, und im Bedarfsfall mit einem Raketenschlag drohen, wenn keine Hilfe der Verbündeten zu erwarten sei. "Darauf läuft es hinaus."
Den Kampf gegen die NATO aufnehmen müsse Putin dafür nicht, sagt der frühere Diplomat. Er rechnet mit einer "Salamitaktik": Es reiche beispielsweise wie 2008 gegen Georgien unter dem Vorwand, Russen zu helfen, eine "Operation zur Friedenserzwingung" zu beginnen und Truppen in ein baltisches Land zu schicken. Wenn sich dann erweise, dass das Bündnis nicht mehr willens sei einzugreifen und "nicht wegen einer solchen Kleinigkeit einen Krieg zu beginnen", sei das Ziel erreicht, die NATO als Papiertiger zu entlarven. Dann wäre die Bündnisverpflichtung aus Artikel 5 wirklich so leer, wie Putins Scharfmacher schon postulieren. Dann würden sich etliche europäische Länder Moskau zuwenden.
Putin hält sich bedeckt. Zweifel an der Entschlossenheit der NATO äußerte im vergangenen März der belarussische Machthaber Alexandr Lukaschenko. "Fremde Leute", sagte Lukaschenko damals über deutsche und amerikanische Truppen, würden "Litauen nicht schützen", sondern "in der ersten ernsten Situation vom Schlachtfeld fliehen". Bondarew sagt, sollte der russische Vorstoß doch auf Gegenwehr der Verbündeten stoße, ziehe Putin seine Truppen eben zurück und erkläre, das Ziel der Operation sei erreicht.
Im Westen kursieren verschiedene Warnungen, ab welchem Zeitpunkt Putin nach einem möglichen Waffenstillstand in der Ukraine ein NATO-Land angreifen könnte. Verteidigungsminister Boris Pistorius sprach im Herbst davon, dass Russland bis 2029 dazu in der Lage sein könnte. Das war aber vor Trumps Verhandlungsvorstoß. Sollte nun der amerikanische Rückhalt fraglich sein, sei der Anreiz für den 72 Jahre alten Putin groß, möglichst rasch zu handeln, warnt Bondarew. Putin werde älter, Russland wirtschaftlich schwächer, die amerikanische Regierung könne sich wieder ändern. Putin könne und wolle seine Armee nicht auseinandergehen lassen. "Er will den Moment nicht verpassen", vermutet der frühere Diplomat.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte auf der Münchner Sicherheitskonferenz, Russland werde im Sommer 100.000 bis 150.000 Soldaten vor allem in Belarus zusammenziehen und bereite schon für das nächste Jahr einen Krieg gegen NATO-Länder vor. Auch Bondarew entwirft ein Szenario, in dem Trumps Deal zur Ukraine Putin gibt, was dieser verlangt: die "Demilitarisierung" und "Entnazifizierung" der Ukraine. Das käme einer Auflösung der ukrainischen Armee und Neuwahlen gleich, bei denen Putin seine Leute in Kiew unterbringt. Millionen Ukrainer würden dann fliehen, vor allem nach Deutschland, vermutet Bondarew. Womöglich gelinge es den Russen auch, einige ukrainische Soldaten mit dem Argument, der Westen habe sie benutzt und verraten, zum Überlaufen zu bewegen.
Putins früherer Diplomat sieht das Kernproblem darin, dass der Westen in einer Mischung aus Angst, Konfliktscheu und Komfortdenken die Ukrainer viel zu zögerlich unterstützt habe und sich noch nicht einmal darüber einig war, dass Putin den Krieg verlieren müsse. "Die Ukraine hätte für euch den Krieg gewonnen, wenn ihr dem Land gleich genügend Panzer, Artillerie und Flugzeuge gegeben hättet," sagt Bondarew. "Aber wenn der Westen nicht will, dass Putin verliert, sind alle Konferenzen wie die in München vergebens. Das ist kein Krieg um Land, um den Donbass. Es ist ein Weltkrieg, denn Putin will die Weltordnung ändern. Jeden Tag bekommt Europa Weckrufe. Aber es wacht nicht auf."
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Blog 1239 19-02-25: Deutschland Land mit den weltweit meisten Flüchtlingen
Die UN Flüchtlings-Agentur hat Deutschland zum Land mit der weltweit größten Zahl an Flüchtlingen erklärt: insgesamt 2,5 Millionen, darunter allein mehr als eine Million aus der Ukraine.
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Blog 1238 18-02-25: Zum Tode von Horst Köhler
Unsere Wege kreuzten sich zweimal. Das erste Mal war es anfangs der 80er Jahre, als ich im Bundeswirtschaftsministerium Ministerialrat war und er Abteilungsleiter im Bundesministerium der Finanzen. Ein zweites Mal kam es dazu Ende der 90er Jahre, als Köhler Präsident der Osteuropa-Bank in London wurde. Zu diesem Job hatte ihm Kohl verholfen, dem er als CDU-Mitglied politisch nahestand und zuvor als "Sherpa" in internationalen Kontakten gedient hatte. "Sherpas" werden die Berater der Kanzler, Premiers und Präsidenten in Europa genannt, die diplomatischen Lastenträger der EU-Gipfel. Ich war damals Vizepräsident dieser Bank.
Mein Umgang mit Köhler war sehr schwierig, zumal er aufbrausend und übermäßig selbstbewußt und eingebildet war, aber auch sehr dünnhäutig. Außerdem roch er in mir einen sozialkritischen Linken, während er CDU-Mitglied vom eher rechten Rand war. Als er sich dann durch erneute Vermittlung von Kohl schon im Absprung von der Osteuropa-Bank zur Führungsposition beim Internationalen Währungsfond befand, versuchte er noch, meine Abwahl aus dem Vorstand der Osteuropa-Bank zu erreichen, allerdings erfolgslos.
Köhler wurde dann 2004 auf Betreiben von Merkel Bundespräsident. Ende Mai 2010 äußerte er während eines Interviews auf dem Rückflug nach einem Besuch von Bundeswehr-Truppen in Afghanistan auf die Frage des eines Journalisten, ob das bestehende Afghanistan-Mandat ausreiche, weil Deutschland sich inzwischen in einem Krieg befände, oder wir ein klares Bekenntnis zu dieser kriegerischen Auseinandersetzung brauchten: "Meine Einschätzung ist, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren." Diese Aussagen wurden von einigen Regierungs- und Oppositionspolitikern teils heftig kritisiert.
Darauf erklärte Köhler am 31. Mai 2010 überraschend seinen sofortigen Rücktritt vom Amt des deutschen Bundespräsidenten: "Meine Äußerungen zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr vom 22. Mai dieses Jahres sind auf heftige Kritik gestoßen. Diese Kritik entbehrt jeder Rechtfertigung. Sie lässt den notwendigen Respekt für mein Amt vermissen. Ich erkläre hiermit meinen Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten - mit sofortiger Wirkung." Hier zeigten sich wieder Köhlers Dünnhäutigkeit und seine Eitelkeit und weit übertriebenes Selbstbewußsein. Mich konnte der Rücktritt nicht mehr überraschen.
Jetzt ist Köhler im Alter von 81 Jahren gestorben.
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Blog 1237 18-02-25: Sechs Prozent der Bevölkerung sprechen zu Hause gar kein Deutsch - Weitere 17 Prozent nutzten neben Deutsch
noch mindestens eine weitere Sprache
Die meisten Menschen mit Einwanderungsgeschichte sprechen zu Hause neben ihrer Muttersprache auch Deutsch. Nur ein kleiner Teil verständigt sich ausschließlich in einer anderen Sprache. Rund 77 Prozent der deutschen Bevölkerung sprechen zu Hause ausschließlich Deutsch, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Die Daten gehen auf den Mikrozensus zurück und beziehen sich auf das Jahr 2023. Weitere 17 Prozent nutzten neben Deutsch demnach noch mindestens eine weitere Sprache.
Unter diesen Mehrsprachlerinnen und Mehrsprachlern war für gut ein Viertel Deutsch die vorwiegend genutzte Sprache in den eigenen vier Wänden; knapp drei Viertel verständigten sich hauptsächlich in einer anderen Sprache. Die übrigen sechs Prozent der Bevölkerung sprachen zu Hause kein Deutsch, sondern ausschließlich eine oder mehrere andere Sprachen.
Unter den 15,6 Millionen Menschen, die sich zu Hause vorwiegend oder ausschließlich in einer anderen Sprache als Deutsch verständigten, war Türkisch mit einem Anteil von 14 Prozent laut Mitteilung die am häufigsten gesprochene Sprache. Auch Russisch (zwölf Prozent) und Arabisch (neun Prozent) wurden in Haushalten vergleichsweise häufig gesprochen.
In Deutschland gibt es laut Mikrozensus 21,2 Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte - in diesem Fall ist entweder die Person selbst eingewandert oder beide Elternteile sind nach 1950 nach Deutschland gekommen. 22 Prozent von ihnen verständigten sich zu Hause einzig und allein auf Deutsch. Gut die Hälfte nutzte neben Deutsch noch mindestens eine andere Sprache. Von diesen mehrsprachig kommunizierenden Menschen unterhielt sich gut ein Fünftel vorwiegend auf Deutsch, knapp vier Fünftel vorwiegend in einer anderen Sprache.
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Blog 1236 18-02-25: Zahl der Baugenehmigungen sinkt auf tiefsten Stand seit 2010
215.000 Wohnungen wurden im Jahr 2024 genehmigt. Das sind fast 17 Prozent weniger als im Vorjahr und weit entfernt von der Zielmarke der Bundesregierung. Die Zahl der Baugenehmigungen ist 2024 auf den tiefsten Stand seit 2010 gesunken. Insgesamt wurden 215.900 Wohnungen genehmigt. Das sind 43.700 beziehungsweise 16,8 Prozent weniger als im Jahr davor, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.
Damit sank die Zahl der Baugenehmigungen das dritte Jahr in Folge. Weniger neue Wohnungen, nämlich 187.600, waren zuletzt im Jahr 2010 genehmigt worden. Die Zahl bezieht sich auf Bau bestehenden Gebäuden. Im vergangenen Jahr wurden 172.100 Neubauwohnungen genehmigt - fast 20 Prozent beziehungsweise 41.500 Wohnungen weniger als im Vorjahr. Ein Rückgang von mehr als 20 Prozent ist bei der Zahl der Genehmigungen für Einfamilienhäuser zu verzeichnen. Rund zwei Drittel der im Jahr 2024 genehmigten Neubauwohnungen in Deutschland entstehen in Mehrfamilienhäusern. Hier lag die Zahl der Genehmigungen gegenüber 2023 um 19,7 Prozent niedriger.
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Blog 1235 15-02-25: Armes West-Europa: Zwischen Trump und Putin und innerlich zerstritten
Es sind widerliche Zeiten für West-Europa. Trump und Putin verhandeln über die Köpfe der West-Europäer weg über deren Zukunft, und die sonst so wichtige westeuropäische Allianz zwischen Deutschland und Frankreich lahmt, seit Macron Neuwahlen betrieben hat, die gegen ihn entschieden wurden. Auch Deutschland ist derzeit praktisch ohne Regierung. Gleichzeitig tobt ein blutiger Krieg in der benachbarten Ukraine. Der neue US-Verteidigungsminister hat gerade bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel gesagt, für die Lösung, die Trump anstrebe, müsse die Ukraine wohl auf die Gebiete verzichten, die sie seit 2014 verloren hat (also auch die Krim und den Donbass), solle nicht der NATO beitreten, und die Europäer müssten ohne die USA den Großteil der Hilfe für Kiew stemmen, auch mit eigenen Truppen. Klare Worte auch von US-Sondergesandter Kellogg, Trumps Mann für Russland und die Ukraine: Die EU wird nicht mitreden dürfen, wenn bald über einen Frieden verhandelt wird, so der US-Sondergesandte. Gleichzeitig hat sich Trumps Vertreter hinter die AfD in Deutschland gestellt.
Schon lange waren die Aussichten für West-Europa nicht so düster.
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Blog 1234 14-02-25: Trump & Co. sind besoffen: Vance drängt die Bundesregierung zur Zusammenarbeit mit der AfD
US-Vizepräsident J.D. Vance spricht heute auf der Münchner Sicherheitskonferenz. In einem Interview mit dem "Wall Street Journal" kündigte Vance bereits vorab an, dass er Punkte ansprechen werde, die einen Wendepunkt in der transatlantischen Diplomatie darstellen würden. Der deutschen Politik riet er unter anderem zur Zusammenarbeit mit allen Parteien, also ausdrücklich auch mit der Alternative für Deutschland. Der US-Vizepräsident warf den verbündeten europäischen Staats- und Regierungschefs vor, die freie Meinungsäußerung und die Demokratie zu unterdrücken, indem sie nicht mit populistischen Parteien zusammenarbeiteten.
Vance kündigte an, er werde den Staats- und Regierungschefs sagen, dass Europa den Aufstieg der Anti-Establishment-Politik akzeptieren, Massenmigration stoppen und progressive Politik eindämmen müsse. Zudem wolle er eine Rückkehr zu traditionellen Werten und ein "Ende von Migrantenkriminalität" fordern. "Es geht wirklich um Zensur und um Migration, um diese Angst, die Präsident Trump und ich haben, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs eine Art Angst vor ihrem eigenen Volk haben", sagte Vance demnach weiter. "Ich denke, leider wurde der Wille der Wähler von vielen unserer europäischen Freunde ignoriert", so Vance weiter. Laut "Wall Street Journal" gab er des Weiteren an: Extrem rechte Parteien, die sich gegen Migration einsetzen, aus Regierungskoalitionen auszuschließen, beschneide den Willen der Bevölkerung. Europäischen "Mainstream"-Politikern warf der US-Vizepräsident zudem vor, sowjetisches Vokabular wie "Desinformation" oder "Fehlinformation" zu verwenden, um politische Positionen abzutun, mit denen sie nicht einverstanden seien. Weiter behauptete Vance, die russische Einflussnahme in westlichen Demokratien sei übertrieben dargestellt worden.
"Wenn Ihre demokratische Gesellschaft durch Social-Media-Werbung im Wert von 200.000 Dollar zerstört werden kann, sollten Sie ernsthaft darüber nachdenken, wie stark Ihr Einfluss auf den Willen des Volkes oder wie stark Ihr Verständnis für diesen ist", so Vance. Laut dem "Wall Street Journal" plant der Stellvertreter von Donald Trump, in seiner Ansprache Elon Musk zu unterstützen. Musks politischer Wahlkampf in Europa, unter anderem für die extrem rechte Alternative für Deutschland hat nahezu universelle Kritik von europäischen Staats- und Regierungschefs hervorgerufen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kritisierte Musks Unterstützung rechter Parteien als "widerlich". Der Bundeskanzler wird heute voraussichtlich in München im Publikum sitzen, wenn Vance seine Rede hält.
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Blog 1233 13-02-25: Immer wieder Anschläge von Afghanen, die längst abgeschoben werden sollten
In München ist ein Fahrzeug nach Angaben der Polizei in eine Menschengruppe gefahren. Demnach sind mindestens 28 Menschen verletzt worden. Darunter sei auch eine unbestimmte Zahl Schwer- und Schwerstverletzter. Lebensgefahr sei bei einigen der Verletzten nicht auszuschließen. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach am Einsatzort von einem "mutmaßlichen Anschlag". Ein 24-jähriger afghanischer Asylbewerber sei festgenommen worden.
2024 wurde nur etwa jeder Fünfte der abgelehnten Asylbewerber auch abgeschoben (Abb. 19562). Fast drei Viertel der afghanischen Migranten haben keinerlei beruflchen Bildungsabschluß (Abb. 25557).
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Blog 1232 13-02-25: Kein Verlaß mehr auf Trumps USA - Schwere Zeiten für Deutschland
Was der neue US-Verteidigungsminister bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel gesagt hat: Für die Lösung, die Trump anstrebt, muss die Ukraine wohl auf die Gebiete verzichten, die sie seit 2014 verloren hat (also auch die Krim und den Donbass), sie soll nicht der NATO beitreten, und die Europäer müssten den Großteil der Hilfe für Kiew stemmen, auch mit eigenen Truppen. Das ist ein weitgehender Bruch mit der bisherigen Ukrainepolitik des Westens. Er kommt Putin weit entgegen und delegitimiert vieles, was in den wichtigsten Staaten Europas, einschließlich Deutschlands, in den vergangenen Jahren zu dem Thema gesagt und getan wurde. Einen "Sieg" der Ukraine wird es unter diesen Umständen nicht mehr geben.
Oder wie der SPIEGEL schreibt: "Die Abkehr der USA von Europa hat begonnen."
Sollte sich Moskau auf einen Waffenstillstand mit diesen Vorgaben einlassen, dann wäre das ohne Frage eine große Erleichterung für die Menschen in der Ukraine und die Soldaten auf beiden Seiten. Geopolitisch aber wäre es aller Voraussicht nach der Beginn einer neuen Phase der Unsicherheit in Europa, weil Russland neue Kräfte tanken und damit kalkulieren könnte, dass eine stark auf Europa reduzierte NATO kein ganz so schwerer Gegner wäre wie bisher.
Diese Entwicklung trifft gerade Deutschland unvorbereitet. Neben den steigenden Kosten für die Ukraine und einem potentiellen Bundeswehreinsatz bekommt es das Land auch mit einer Debatte über ein höheres Ausgabenziel der NATO zu tun. Trump hat mit Verteidigungsausgaben in der Höhe von fünf Prozent eine Marke vorgegeben, in deren Nähe es selbst Amerika seit Längerem nicht mehr schafft. Realistischer erscheint "nördlich von drei Prozent", wie der NATO-Generalsekretär sagt. Die Vorstellungen der deutschen Parteien liegen meist weiter südlich, wie ein Blick in die Wahlprogramme zeigt. Hier dürfte es nach der Bundestagswahl ein böses Erwachen geben - für Wähler wie Gewählte.
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Blog 1231 12-02-25: Trump verhandelt direkt mit Putin zu Lasten der Ukraine und W-Europas
Trump hat sich nach eigenen Angaben mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin auf Verhandlungen über eine Beendigung des Krieges in der Ukraine verständigt. Beide seien sich einig, Gespräche darüber "umgehend" zu beginnen, teilte Trump nach einem Telefonat mit Putin mit. Er stimme mit Putin überein, dass der Krieg beendet werden müsse, und werde den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj anrufen, um ihn über das Gespräch mit Putin zu informieren, schreibt Trump.
Putin und Trump hätten fast anderthalb Stunden lang telefoniert, teilte die russische Regierung mit. Die Nachrichtenagentur Tass berichtet, Putin habe Trump nach Moskau eingeladen. Trump schrieb, er habe ein "langes und hochproduktives" Telefonat mit Putin geführt. Trump schrieb weiter, er und der russische Präsident würden eng zusammenarbeiten und planten auch Besuche im Land des jeweils anderen. Putin habe seine Bereitschaft erklärt, Repräsentanten des Weißen Hauses in Russland zu empfangen - auch zur Lösung des Ukraine-Konflikts, sagte Kremlsprecher Peskow. "Putin und Trump haben auch die Fortführung persönlicher Kontakte verabredet, darunter auch die Organisation eines persönlichen Treffens."
Putin habe in dem Telefonat aber darauf verwiesen, dass Russland auf einer Beseitigung der Ursache des Konflikts bestehe. Nach Darstellung Moskaus wurde der russische Angriffskrieg durch das Streben der Ukraine in die Nato und die angebliche Unterdrückung der russischsprachigen Minderheit verursacht. Die Ukraine muss nach Ansicht von Trump auf einen Nato-Beitritt verzichten. Außerdem sehen die USA die Europäer weitgehend alleine in der Pflicht, die Ukraine zu unterstützen und einen Frieden militärisch abzusichern - ohne amerikanische Truppen. Auch eine Rückeroberung der von Russland 2014 annektierten Gebiete halten die USA für unwahrscheinlich.
Trump hatte im Wahlkampf immer wieder behauptet, er könne den Ukraine-Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden - unter anderem wegen seiner guten Kontakte zu Putin.
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Blog 1230 10-02-25: Die Sorgen der Deutschen 2025
Die drei Hauptsorgen der Deutschen sind nach einer Umfrage von R+V Versicherungen: (1) Steigende Lebenshaltungskosten, (2) Überforderung des Staats durch Geflüchtete und (3) daß Wohnen in Deutschland unbezahlbar wird (Abb. 30191).
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